Landeshauptstadt: Griff nach dem Dauerwald
Uni-Gebäude in Babelsberg beanspruchen alten geschützten Waldbestand
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Uni-Gebäude in Babelsberg beanspruchen alten geschützten Waldbestand Von Günter Schenke Babelsberg. Parallel zum ehemaligen DRK-Gebäude am Uni-Standort Griebnitzsee entsteht ein 24-Millionen-Euro-Neubau. Der Gebäudekomplex mit 5400 Quadratmeter Nutzfläche ist derzeit eine der größten Investitionen in Potsdam – teurer als der Theaterneubau. 3200 Quadratmeter Kiefernwald mussten dafür gefällt werden, vor allem für oberirdische Parkplätze. Peter Ernst, Naturschutzbeauftragter in Potsdam-Mittelmark, macht auf den besonderen Charakter dieses Waldes aufmerksam und verweist auf den „Dauerwaldvertrag“ zwischen der Forstverwaltung und Groß-Berlin vom 27. März 1915. Bereits im Ausschuss Für Stadtentwicklung und Bauen am 13. Januar 2001 haben die Potsdamer Stadtverordneten den Verlust der hundert Jahre alten Kiefern beklagt und auf Vorschlag von Saskia Hüneke (Bündnis 90/Grüne) eine Begrenzung der Stellplätze auf hundert gefordert. Wie dies bei 3200 Mitarbeitern und Studierenden, die hier am Griebnitzsee einmal untergebracht werden sollen, möglich sein könnte, bleibt unklar. Zu dem im Dauerwaldvertrag veräußerten Gelände gehörte auch der Wald um das Gebäude des Deutschen Roten Kreuzes am Griebnitzsee. Im Paragraf 6 des von Ernst erwähnten Vertrages verpflichtet sich der Käufer, „die gekauften Grundstücke ausschließlich zur Erfüllung der im § 1, Ziffer 3 des Zweckverbandsgesetzes für Groß-Berlin vom 19. Juli 1911 (Gesetzsamml. 123) bezeichneten Aufgaben zu verwenden und in ihrem wesentlichen Bestande als Waldgelände zu erhalten. Er verpflichtet sich, die gekauften Grundstücke weder ganz oder teilweise zu veräußern noch mit dinglichen Rechten zu belasten.“ Unglücklicherweise enthält der Paragraf 6 abschließend den Satz: „Ausnahmen kann das Staatsministerium zulassen.“ Die erste Ausnahme gab es durch den Verkauf von 2,5823 Hektar südlich des Bahnhofs Babelsberg im Jahre 1942 an das Deutsche Rote Kreuz. Die zweite geschah 2004 durch die Fällungen im Zusammenhang mit den Uni-Neubauten. Für das DRK-Gelände, vor 1920 zu Berlin gehörig, musste noch der Preußische Ministerpräsident zustimmen. Für die jetzt in Anspruch genommene Fläche genügte eine Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde in Potsdam. Als Ausgleichsflächen für den Verlust sind Bereiche an der Michendorfer Chaussee und auf dem ehemaligen Schießplatz Bornim vorgesehen. Für rund 50 Millionen Mark übernahm Berlin im Dauerwaldvertrag etwa 10000 Hektar Wald, zu dem auch der auf dem Uni-Standort Griebnitzsee gehört. Damit war die Verpflichtung verbunden, diese Flächen als Erholungsgebiete für die Bevölkerung zu erhalten. Zumindest an dieser Stelle ist der Geist des Dauerwaldvertrages, der einen grünen Gürtel um die ständig wachsende Magistrale für alle Zeit vor Bebauung schützen wollte, durchbrochen worden.
Günter Schenke
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