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Landeshauptstadt: Grüne fordern Bürgerhaushalt für Potsdam

Bürger bereits in Erarbeitung des Haushalts einbeziehen / Bündnisgrüne wollen wieder mindestens vier Sitze

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Bürger bereits in Erarbeitung des Haushalts einbeziehen / Bündnisgrüne wollen wieder mindestens vier Sitze Von Michael Erbach Die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Grüne, Angelika Beer, kennt Potsdam natürlich. Sie habe Freunde hier und sei immer mal wieder in der Stadt. Eine genaue Kenntnis aller Probleme – das gibt sie ehrlich zu – hat sie nicht. Zwar gilt der gestrige Potsdam-Besuch von Beer als Wahlkampfauftakt der Bündnisgrünen – den Kommunalwahlkampf selbst aber überlässt die Parteichefin den Parteifreunden vor Ort. Und die haben sich einiges vorgenommen. Mindestens vier Mandate sollen es wieder werden, so Peter Schüler, der nach dem 26. Oktober in die Stadtverordnetenversammlung einziehen möchte. Vier Themenschwerpunkte haben sich die Bündnisgrünen gesetzt: Mehr Bürgerbeteiligung an der Stadtpolitik, eine nachhaltige Verkehrspolitik, Bewahrung der kulturellen Vielfalt und eine bessere Politik für Kinder und Jugendliche. Die vielleicht radikalste Idee im Wahlkampf 2003 überhaupt ist der Grünen-Vorschlag, einen Bürgerhaushalt für Potsdam einzuführen. Schüler verweist darauf, dass ausgerechnet Haushaltsfragen von den bislang möglichen Bürgerbeteiligungen ausgenommen sind. Dies müsse geändert werden. „Wir wollen die Institutionalisierung der Beteiligung der Bürger an der Erarbeitung des Haushalts.“ Also nicht abwarten, bis der Haushaltsentwurf steht, sondern bereits im Vorfeld – beispielsweise durch ein System von Anhörungen – Einfluss nehmen. Natürlich müssten dann am Ende die Stadtverordneten entscheiden. Dass gespart werden muss, sieht auch Schüler. Doch die Bündnisgrünen seien dagegen, dabei allein bei freiwilligen Leistungen anzusetzen. Bestimmte Projekte und Institutionen könnten „durch jede weitere Kürzung in existenzielle Gefahr geraten“. Das müsse verhindert werden. „Wir müssen wenigstens soweit helfen, dass da nichts untergeht.“ Der Wahlkampf der Grünen sei deshalb auch mit davon bestimmt, „die kulturelle Vielfalt, die Potsdam als Landeshauptstadt zu bieten hat, zu erhalten“. So müssten auch Modelle entwickelt werden, bürgerschaftliches Engagement für den Erhalt von Kultur zu wecken. Ein „nicht unbeträchtliches Sparpotenzial“ sieht Schüler in der Stadtverwaltung. So seien die sächlichen Ausgaben trotz Personalreduzierung in den letzten Jahren angestiegen. „Das ist nicht nachvollziehbar.“ Auch sollten Investitionen daran gemessen werden, ob sie wirklich Sinn machen. Riskante Finanzmodelle wie das geplante städtische Engagement beim Spaßbad Drewitz „dürfen wir nicht eingehen“. Grundsätzlich seien Investitionen wichtig, „weil sie die Wirtschaft stärken und Werte schaffen“, so Schüler, der als Anwalt arbeitet und 2002 noch Oberbürgermeisterkandidat der Grünen war. Bei der Verkehrspolitik setzt Bündnis 90/Grüne klar auf den Öffentlichen Nahverkehr und das Rad. „Mit dem Rad ist man schneller und es macht einfach Spaß, durch diese schöne Stadt zu fahren“, sagt Schüler. Und: „Eigentlich hat Potsdam gar kein wirkliches Verkehrsproblem.“ Deshalb würden sich die Grünen auch nicht für den Weiterbau der ISES und die im Bundesverkehrswegeplan enthaltene Ortsumgehung mit dem 3. Havelübergang einsetzen. Obwohl die Brücke zwischen B1 und B2 „möglicherweise doch eine geringe Entlastung der Innenstadt bringen könnte“. Priorität für die Grünen habe aber der Ausbau der Radwege und des ÖPNV-Angebots. In der Bildungspolitik gehe es den Grünen vornehmlich um die Schulsanierung und Ganztagsangebote für die Schüler, aber auch um eine gesunde Ernährung an den Schulen. Beim Stadtschloss solle mit „Augenmaß und Unaufgeregtheit“ vorgegangen werden. „Wir kriegen das Schloss“, sagt Schüler, „aber es muss nicht auf Biegen oder Brechen in den nächsten fünf Jahren sein“. Auf keinen Fall dürfe für das Stadtschloss „etwas anderes auf der Strecke bleiben“. Wichtig für die Bündnisgrünen soll auch das Thema Vergangenheit bleiben. Der notwendige Erhalt der letzten Mauerreste müsse jedoch mit einem Konzept verbunden werden. Das ehemalige KGB-Gefängnis und der Stasi-Knast in der Lindenstraße müssten als Orte der Vergangenheit weiterhin erhalten und gepflegt werden.

Michael Erbach

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