Von Otto Pulz: Grünes Multitalent
50 Jahre IGV: Am Institut für Getreideverarbeitung setzt man auf das Potenzial der Algen, auch um klimaschädliches CO2 zu binden
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In diesem Jahr wird das Institut für Getreideverarbeitung (IGV) in Nuthetal 50 Jahre alt. Wissenschaftler des Instituts stellen in den PNN ihre Forschungsprojekte vor.
Algen gehören zu den ältesten Organismen unserer Erde. Sie leben in Süß- und Salzwasser und umfassen mikroskopisch kleine Einzeller der Mikroalgen gleichermaßen wie die bis zu 50 Meter langen Riesentange der Makroalgen. Die Gruppe der Mikroalgen umfasst mehr als 30 000 verschiedene Arten. Diese kleinen Algen produzieren schon seit Millionen von Jahren aus Kohlendioxid, Sonnenlicht und Mineralien Sauerstoff und sind Nahrungsgrundlage für Mensch und Tier. Sie sind reich an wertvollen Naturstoffen für Gesundheit, Ernährung und Kosmetik.
Schon seit Jahrhunderten werden bestimmte Algen von Menschen direkt als Nahrungsmittel genutzt. Bekannt ist in unseren Breiten Agar-Agar, welches aus Algen stammt und ursprünglich vor allem als Geliermittel eingesetzt wurde. In unserer modernen Zeit werden Algen vielfältiger verwendet, weil man die Kraft bestimmter Algen-Spezies erkannt hat. Gegenwärtig werden jährlich rund sechs Millionen Tonnen Algen geerntet und mit einem Umsatz von rund 3,6 Millionen Euro wirtschaftlich verwertet.
In Nuthetal hat sich das IGV seit langem diesen positiven Eigenschaften der Mikroalgen verschrieben. Am Institut werden in geschlossenen Systemen Mikroalgen kultiviert und geerntet, unter definierten und kontrollierten Bedingungen. Neben der Forschung zur Nutzung der vielfältigen Potenziale der Algen für Mensch- und Tierernährung, Umweltsanierung und Klimaschutz, werden dort auch Extrakte aus Algen für kosmetische Produkte hergestellt.
Algen fördern die Zellerneuerung. Das nutzt man neben den kosmetischen Produkten auch bei Nahrungsergänzungsmitteln, wo die Algen in ihrer puren Form angeboten werden. Da Algen sich in vielen Jahrmillionen während der Evolution immer wieder verschiedensten Lebensformen anpassen mussten, ist es nicht verwunderlich, dass sie eine Vielzahl an wertvollen und schützenden Inhaltsstoffen ausgebildet haben. Diese sind vor allem Eiweißbausteine, Mineralsalze, Spurenelemente und Vitamine. Die Eigenschaften der Algen machen sie zu einem wichtigen Nahrungsmittel für alle, die gesundheitsbewusst leben wollen.
Mikroalgen brauchen nur Licht, Wasser und Kohlendioxid, sowie als Düngung ein wenig Phosphat und Nitrat um zu wachsen. Ihr Wachstum beruht auf der Photosynthese. In der Entwicklung von Photobioreaktoren zur Herstellung der Mikroalgen-Biomasse ist das IGV weltweit führend.
Mikroalgen sind eine Schlüsseltechnologie zur Lösung der globalen Energie-, Klima-, Ernährungs- und Umweltprobleme. Großversuche des IGV haben ergeben, dass ihre Kulturen unter optimalen Wachstumsbedingungen mindestens zehn Mal mehr Sonnenenergie speichern als Landpflanzen. Bis zehn Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie werden dabei in speicherbare Biomasse umgewandelt. Ein weiterer Vorteil: Kohlendioxid wird gebunden, was gerade heute, wo die C02-Problematik ein wesentlicher Fakt des Klimawandels ist, besonders wichtig scheint.
In Aquakultur-Stoffkreisläufen zur umweltbewussten Nutzung von Wasser, Pflanzen und Solarenergie können hochwertige Nahrungsmittel, reich an essentiellen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren bereitgestellt werden. Durch Verknüpfung moderner Gewächshaustechnologie mit Kreislaufanlagen zur Gewinnung von Mikroalgen, aquatischen Nährtieren und Fischen, mit integrierter biologischer Wasseraufbereitung, Wasserpflanzen- und Baumschulproduktion werden synergistische Effekte erschlossen und die natürlichen Ressourcen effizient genutzt. Auch wird ein Beitrag zum Erhalt der Fischbestände in den natürlichen Gewässern und zur gesunden Ernährung der Bevölkerung geleistet.
Der Autor ist stellvertretender Geschäftsführer der IGV GmbH, Bereichsleiter Biotechnologie des Institutes sowie Präsident der Europäischen Gesellschaft für Mikroalgenbiotechnologie.
Otto Pulz
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