Landeshauptstadt: „Gut fürs Badewetter“
Fritz Reusswig forscht zum Klimawandel und spricht über dessen Folgen für Potsdam
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Herr Reusswig, Sie sprechen heute in der Urania über den Klimawandel und dessen Folgen für Potsdam. Auf welche Änderungen müssen wir uns denn einstellen?
Bereits aus den Daten der Potsdamer Säkularstation auf dem Telegrafenberg aus den letzten 120 Jahren lässt sich ein Anstieg der Mitteltemperatur und ein Rückgang der Niederschläge beobachten. Dieser Trend geht weiter. Das dicke Ende kommt noch. Die mittlere Temperatur wird bis zum Jahr 2100 um zwei bis vier Grad Celsius zunehmen. Die Veränderung der Extremwerte dürfte deutlicher ausfallen, sagen Meteorologen.
Was heißt das konkret für Potsdam?
Positiv gesagt: Wir werden in Potsdam ganz tolles Badewetter haben. Die Sommer werden trockener und heißer werden. Außerdem wird es langfristig mildere Winter geben.
Und was sind die Nachteile?
Der Jahrhundertsommer 2003 hat alleine in Deutschland etwa 7000 Tote gebracht. Im Jahr 2050 wird das ein normaler und im Jahr 2100 ein kühler Sommer sein. Und wenn es im Sommer regnet, wird es eher ein Wolkenbruch sein.
Gab es nicht auch früher heiße Sommer?
Natürlich. Zum Beispiel hatte der Sommer 1915 in Potsdam 80 Tage mit einer Temperatur von mehr als 25 Grad. Das ist allerdings ein Ausreißer. Extreme hat es immer gegeben. Beim Wetter spielen viele Zufallselemente eine Rolle. Wenn man sich mehrere Jahrzehnte anschaut, zeigt sich der Trend. Die heißen Sommer werden häufiger.
Wie muss eine Stadt wie Potsdam auf diese Änderungen reagieren?
Die Änderungen laufen langfristig ab. Deshalb braucht man eine Anpassungsstrategie. Zum Beispiel braucht man ein Frühwarnsystem für Kitas, Krankenhäuser und Senioreneinrichtungen. Das sind die Gruppen, die bei anhaltender Hitze am verwundbarsten sind. Außerdem muss man die Wasser- und Abwassersysteme anpassen. Bisher ist die Kanalisation darauf ausgerichtet, Wasser so schnell wie möglich abzutransportieren. Vielleicht ist es besser mehr Versickerungsflächen zu haben, mehr Brunnen, Kanäle und Becken, die im Bedarfsfall volllaufen können. Das muss die Stadtplanung mit allen Akteuren entscheiden.
Die Anpassung wird sicher nicht billig. Skeptiker stellen den Klimawandel und Rolle des Menschen dabei infrage. Wie kommt es dazu?
In der Vergangenheit standen einige der Skeptiker auf der Gehaltsliste von Ölkonzernen. Aber viele sind einfach interessierte Laien, die nicht vollständig informiert sind. Das hat ja auch etwas Positives: Wer Fragen stellt, bringt die Wissenschaft weiter. Aber grundsätzlich muss eine Gesellschaft auch unter unsicheren Bedingungen handeln können. Der Schaden wäre sonst sehr hoch.
Fritz Reusswig ist am heutigen Donnerstag in der Urania in der Gutenbergstraße 71-72 zu Gast. Der Eintritt ist frei.
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