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Landeshauptstadt: Gutachten: Laute Combinos

CDU-Fraktion legt Untersuchung vor/Neue Siemens-Bahnen wieder mit Drehgestellen

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CDU-Fraktion legt Untersuchung vor/Neue Siemens-Bahnen wieder mit Drehgestellen Von Detlef Gottschling Alle Combino-Straßenbahnen in Amsterdam, Augsburg, Freiburg und Nordhausen entwickeln einen ähnlich störenden Geräuschpegel wie in Potsdam. Ausnahmen machen dabei Bahnen in den drei letztgenannten Städten, wo auf Gleisen mit der Spurweite von einem Meter gefahren wird, und die Anwohner mehr Ruhe haben. Das geht aus einem von der Potsdamer CDU-Stadtfraktion in Auftrag gegebenen Gutachten hervor, das in der kommenden Woche veröffentlicht werden soll, und das den PNN bereits vorliegt. CDU-Fraktionschef Eberhard Kapuste sagte dazu gestern auf Anfrage: „Die Straßenbahnen müssen leiser werden. Egal, wo hier die Dezibel-Grenzwerte liegen, allein die Bürger zählen. Und die fühlen sich gestört.“ Kapuste machte deutlich, dass es nicht darum gehe, die in Potsdam fahrenden Combino-Straßenbahnen zu verteufeln. „Man will jetzt Schallschürzen anbauen – das begrüßen wir.“ Allerdings müsse man nun aufpassen beim Neukauf weiterer Bahnen. Nahverkehrsberater Dieter Doege, unter dessen Regie das Gutachten entstand, ist skeptisch: „Die Potsdamer Rumpelgeräusche werden durch Körperschall übertragen – Schallschürzen sind da wirkungslos.“ Kapuste sieht dies pragmatisch: „Der aus unserer Sicht vorliegende Mangel muss behoben werden, egal, ob es dabei um Antriebe, Radreifen, Schienen oder um das Gleisbett geht.“ Er wies deutlich darauf hin, dass man im Auftrage der Bürger handele und keine Veranlassung sehe, sich vorher mit der Stadtverwaltung dazu abzustimmen. Aus dem Gutachten geht hervor, dass der Antrieb der Siemens-Bahn Combino die Geräusche verursache, die von den Potsdamern als Rumpeln wahrgenommen werden. Im Gegensatz zu Drehgestellen mit durchgehenden Achsen – wie bei den alten Tatra-Bahnen – habe man hier einzeln aufgehängte Räder. „Der seitliche Antrieb mit den drehzahlgleich gekoppelten Rädern wird von maßgeblichen Fachleuten als das entscheidende Manko angesehen. So nutzt sich das jeweils vorn laufende Rad eines Fahrgestells schneller ab. Der dadurch immer stärker werdende Drehzahlunterschied führt zu Verspannungen in den Getrieben und muss sich letztlich als Schlupf auf dem Gleis ausgleichen, was sich wiederum in erhöhter Abnutzung und gesteigerter Geräuschbildung äußert“, heißt es im Wortlaut. Auf rund 40 Seiten werden die einzelnen in den fünf Städten laufenden Combino-Bahnen in Testberichten beschrieben. Doege befürchtet, dass die Combinos wartungsintensiver als die kürzlich modernisierten Tatras sind. Dies sei aber erst nach der Beantwortung der 18 CDU-Fragen an die Stadtverwaltung zu klären. Die Potsdamer Fahrzeuge würden so von Siemens nicht mehr gebaut. Schon die Amsterdamer hätten erhebliche Konstruktionsänderungen. „Die neue Serie, die jetzt nach Budapest in Ungarn verkauft wurde, hat wieder Drehgestelle – man erhofft sich offenbar beim Hersteller etwas davon.“ Insgesamt 48 Combino-Bahnen hat der Verkehrsbetrieb in Potsdam (ViP) bei Siemens geordert, davon fahren bereits 16 Stück. Die letzte Lieferung erfolgte 2001. Die Lieferpause, so das Gutachten, sollte auch dazu genutzt werden, die Entscheidung für Combino zu überdenken. Seitens des Verkehrsbetriebes gibt es keine Vorbehalte gegenüber den neuen Bahnen. Bernd Taenzer, Technischer Leiter des ViP, hatte jüngst den Stadtverordneten in zwei Fachausschüssen berichtet, dass von einem Mangel keine Rede sein könne. Geräuschmessungen hätten ergeben, dass die Combino-Bahnen sogar leiser sind als die Tatra-Züge – beide lägen erheblich unter den Grenzwerten. Doege hält dem entgegen, dass Körperschallmessungen im Gegensatz zu den angeführten Luftschallmessungen bedenkliche Werte ergäben: „Untersuchungen in entsprechenden Gebäuden stehen aus.“ „Auch darüber werden wir noch zu reden haben“, so Eberhard Kapuste. Das Gutachten gehe in die Ausschüsse, und in der Oktober-Stadtverordnetensitzung werde die CDU eine Große Anfrage an den Oberbürgermeister eigens zu dem Thema stellen.

Detlef Gottschling

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