zum Hauptinhalt

Von Jan Brunzlow: Gutachter für kleineres Center

„Drewitz-Park“ mit zwölf Fach- und Verbrauchermärkten passt nicht ins Einzelhandelskonzept / Schließung von Läden im Umfeld nicht ausgeschlossen

Stand:

Kirchsteigfeld - Es schrumpft und soll dennoch riesig werden: Das geplante Drewitz-Center mit zwölf Fach- und Verbrauchermärkten. Allerdings drängt selbst der von Projektentwickler Henrik Aldinger beauftragte Gutachter auf eine Verkleinerung der geplanten Verkaufsflächen, um weitreichende Folgen für den Einzelhandel in der Stadt auszuschließen.

Sollten die Pläne für den Babyfachmarkt und die drei geplanten Polstermöbel- und Möbelhäuser nicht abgespeckt werden, müsse allein im Stern-Center und bei Porta mit einem Umsatzrückgang von mehr als zehn Prozent gerechnet werden, heißt es in dem Gutachten des Hamburger Unternehmens „Dr. Lademann & Partner“. Ladenschließungen rund um das Center könnten nicht ausgeschlossen werden. Ohnehin kämen 70 Prozent und mehr des zu erwartenden Umsatzes für das neue Center auf den freien Gewerbeflächen im Kirchsteigfeld aus der Stadt Potsdam selbst und dem nahen Umland. Dennoch sprechen sich die Gutachter indirekt für den Bau aus, sollte der Projektentwickler die Flächen reduzieren.

Die Stadtverordneten der Landeshauptstadt, die in der kommenden Woche erstmals über das Projekt beraten, stehen somit vor einer der schwierigsten Entscheidung der letzten Jahre. Denn dem Vorhaben wird bescheinigt, dass es nicht mit dem Einzelhandelskonzept in Einklang zu bringen ist. Etwa ein Drittel des im Center geplanten Sortiments sei klassische Innenstadtware, heißt es im Investoren-Gutachten. Sprechen sich die Stadtverordneten dennoch für die Aufstellung eines Bebauungsplanes und für den Bau des dann größten Potsdamer Einkaufszentrums aus, wäre das vor zwei Jahren erarbeitete und erst kürzlich leicht modifiziert erneut beschlossene Einzelhandelskonzept zur Stärkung der Innenstadt hinfällig. Eine politische Zustimmung würde das „Einzelhandelskonzept als rechtssichere Grundlage für die Standortsteuerung des Einzelhandels im Stadtgebiet unbrauchbar machen“, schreibt Manfred Bauer von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in seiner Stellungnahme an die Stadtverwaltung. Die GMA hatte das Einzelhandelskonzept maßgeblich erarbeitet und sollte für die Stadt das von Projektentwickler Henrik Aldinger in Auftrag gegebene Gutachten überprüfen.

Aldinger hat dabei die Pläne zuletzt bereits modifiziert und ist von den Anfangsplanungen abgerückt. Ursprünglich war der Bau von 54 000 Quadratmetern Handelsfläche geplant, jetzt sind es 47 000. Die Hamburger Gutachter empfehlen eine Reduzierung auf 43 800 Quadratmeter. Das Einzugsgebiet des Centers soll zwischen Nauen und Beelitz sowie Lehnin und Zossen liegen – der Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf eingeschlossen. 899 000 Einwohner würden im Einzugsgebiet leben, Tendenz steigen, so die Gutachter. Als möglichen Umsatz für das Fachmarktzentrum geben sie knapp 97 Millionen Euro im Jahr 2015 an – doch wo kommt das Geld her? Laut Gutachten zum Großteil „aus dem engeren Marktgebiet“. Dazu gehören das Potsdamer Stadtgebiet, Teltow, Stahnsdorf, Kleinmachnow, Michendorf, Beelitz und Ludwigsfelde. Allerdings stellen die Gutachter in der mehr als 100-seitigen Expertise auch Positiveffekte dar: Die Ansiedlung des Fachmarkt- Centers könnte Kaufkraft in der Stadt binden und neue Kunden anziehen.

Aus den Gutachten von „Dr. Lademann & Partner“, die von der Projektentwicklungsgesellschaft AFL Grundbesitz 21 GmbH mit Sitz in Berlin-Zehlendorf in Auftrag gegeben worden sind, ergibt sich eine genaue Aufstellung des bislang geplanten Center-Umfangs. Entstehen sollen ein Baumarkt mit 13 500 Quadratmetern Verkaufsfläche, drei Polstermöbel- und Möbelmärkte mit insgesamt 15 500 Quadratmetern, ein Drogeriemarkt mit 1000 Quadratmetern, ein Zoo/Tierfachmarkt mit 1500 Quadratmetern, ein Bettenhaus mit 1400 Quadratmetern, ein Lebensmitteldiscounter mit 1200 Quadratmetern, ein Babyfachmarkt mit 1600 Quadratmetern, ein Verbrauchermarkt mit 6500 Quadratmetern, ein Getränkemarkt mit 1000 Quadratmetern sowie ein Sportfachmarkt mit 4000 Quadratmetern. Nach bisherigen Informationen sind neben dem Fachmarkt-Center ein Fast- Food-Laden und eine Tankstelle geplant.

Die GMA bleibt allerdings trotz der verkleinerten Flächen skeptisch: Eine Verringerung verändere auch die Magnetwirkung. Je kleiner es wird, desto mehr Umsatz werde in der Region erwirtschaftet, so die GMA in ihrer Stellungnahme. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte die Pläne zuletzt begrüßt und sich indirekt für den Bau ausgesprochen. In der SPD und der CDU ist die Euphoriewelle noch nicht übergeschwappt, hieß es gegenüber den PNN. Vorbehalte gebe es gegen Supermärkte und Baumärkte. Auch die Linken sehen Diskussionsbedarf. Die Bündnisgrünen lehnen das Projekt ab.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })