Landeshauptstadt: Guter Druck
Infusionen vorbereiten, Zuckerwerte bestimmen – Schwesternschülerinnen bewährten sich im Praxistest
Stand:
Innenstadt - Der erste Blutstropfen wird nicht genommen. Das hat keinen mythischen, sondern einen medizinischen Grund: Das Messergebnis könnte durch das Desinfektionsmittel, das Dörte Ernemann Patient Peter Bernert auf den Finger gesprüht hat, verfälscht werden. Die Schwesternschülerin wischt also den ersten, aus der eben gepiksten kleinen Wunde austretenden Blutstropfen mit Watte ab. Mit dem zweiten benetzt sie einen Teststreifen, den sie in ein handygroßes Gerät schiebt, das kurz später einen Piepton ertönen lässt und auf dem Display den Blutzuckerwert angibt. „5,3“ liest die dunkelhaarige junge Frau ab und erklärt, normal seien Werte zwischen 3,5 und 5,5. Bernerts Blutzuckerwert sei also in Ordnung. Bernert aber ist ein lebensfroher Typ und sieht selbst, dass sich sein Wert im oberen Bereich bewegt. „Das liegt an dem schön süßen Cappuccino, den es hier gibt“, scherzt er. Aber die künftige Schwester Dörte bleibt gelassen, erst 8,9 wäre beispielsweise ein Wert, „da muss ich dem Arzt Bescheid sagen“.
In dieser Woche übernahmen sechs Schwesternschülerinnen und ein Krankenpflegerschüler die Arbeit der regulären Schwestern auf der Hals-Nasen-Ohren-Station des Klinikums Ernst von Bergmann. Das ist Teil der Ausbildung in der Potsdamer Schwesternschule, die Dörte Ernemann im Herbst beenden wird – ebenso wie Kessy Borchmann. Die Werderanerin versucht, den Blutdruck von Patient Dr. Peter Hein zu messen, doch das Blutdruckmessgerät braucht eine neue Manschette. Sie holt sie. „Vorführeffekt“, sagt Patient Hein milde. Nach erneutem Versuch steht fest, er hat mit 130 zu 80 einen „guten Druck“. 140 zu 90 wäre aber schon Hypertonie, klärt Schwester Kessy in spe auf.
„Ich finde stark, wie sie sich zusammen gerauft haben“, bewertet Patient Peter Bernert die Truppe junger Auszubildener, die am Montag noch ein wenig „scheu“ war, nun aber fast immer alles selbst bestimmt, was auf der Station passiert – wenn auch unter den absichernden Augen etwa von Schwester Steffi Kierei. Zu den Herausforderungen gehört die Vorbereitung von Infusionen, denn die Dokumentation dafür ist aufwendig und natürlich muss das richtige Medikament in den Patienten fließen. Patient Bernd Haidt hängt an so einem „Tropf“, den die Schwesternschülerinnen vorbereitet haben. „Ich lebe noch“, sagt er lachend.
Kessy Borchmann hat sich nach dem Abitur für den Gesundheitsberuf entschieden, weil sie es mag, direkt mit Patienten zu tun zu haben. Blut, offene Brüche, schwere Wunden, das könne sie sehen, kein Problem. „Aber Gerüche finde ich schwer“, sagt sie und Schwester Steffi Kierei kann nicht trösten: „Daran gewöhnt man sich nie.“ Dörte Ernemann könnte sich vorstellen, nach der Ausbildung in der Schweiz oder in Skandinavien zu arbeiten. Kessy Borchmann will dagegen lieber „nicht ganz so weit weg“.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: