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Landeshauptstadt: Haft auf Bewährung für Pizzafahrer Richter: Rad-Unfall war fahrlässige Tötung

Babelsberg - Wegen des tödlichen Unfalls einer 33 Jahre alten Radfahrerin im vergangenen Oktober ist ein ehemaliger Pizzafahrer am Mittwoch im Potsdamer Amtsgericht zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Die Strafe wird zu einer dreijährigen Bewährung ausgesetzt.

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Babelsberg - Wegen des tödlichen Unfalls einer 33 Jahre alten Radfahrerin im vergangenen Oktober ist ein ehemaliger Pizzafahrer am Mittwoch im Potsdamer Amtsgericht zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Die Strafe wird zu einer dreijährigen Bewährung ausgesetzt. Richter Francois Atair Eckhardt sah es als erwiesen an, dass der 31-jährige Florian B. durch „unsachgemäßes und pflichtwidriges Verhalten“ den Unfall verursachte und sich so der fahrlässigen Tötung schuldig machte. Zusätzlich verhängte er für den jetzt arbeitslosen Angeklagten, der während des gesamten Prozesses keine Reue oder zumindest Mitleid mit der im Gerichtssaal anwesenden Mutter von Antje S. gezeigt hatte, 500 Sozialstunden. Die Staatsanwaltschaft hatte zwar eine gleich hohe Bewährungsstrafe, aber lediglich 100 Sozialstunden empfohlen. Der Verteidiger des Verurteilten kündigte Berufung gegen den Richterspruch an.

Im Prozess ging es um den Abend des 21. Oktober 2010. Nach Auffassung von Richter Eckardt sei Florian B. gegen 19.15 Uhr von einer Pizzatour gekommen und habe mitten auf dem Radweg vor der „Hallo Pizza“-Filiale in der Großbeerenstraße geparkt, für die er arbeitete. Auch vor und hinter ihm blockierten drei weitere Autos von Kollegen unerlaubt den Weg. Besonders kritisierte Richter Eckardt, dass Florian B. die Radfahrerin zuvor schon überholt hatte – und dennoch die Tür laut Gutachten 20 bis 30 Zentimeter weit öffnete. Dabei hätte der Pizzafahrer Antje S., die laut einem Zeugen eher gemächlich unterwegs war, in seinem Seitenspiegel sehen müssen. Fabian B. hatte zu Prozessbeginn gesagt, er habe in den Rückspiegeln nur Autos von Kollegen wahrgenommen und die Tür einen Spalt geöffnet, um so nach hinten zu schauen. Das glaubte der Richter nicht: B. habe einfach seine Pizzatasche genommen und aussteigen wollen. „Sie haben damit gerechnet, dass die Radfahrer ausweichen“, sagte Eckardt zu dem Angeklagten. Antje B. stieß mit ihrem Rad gegen die Autotür und stürzte auf die Fahrbahn. Dort überrollte ein kurz nach ihr fahrender Mercedes die Frau. Sie starb aufgrund schwerer innerer Verletzungen noch am Unfallort. Ermittlungen gegen die Mercedes-Fahrerin – auch wegen fahrlässiger Tötung – stellte die Staatsanwaltschaft bereits vor Monaten ein, weil es laut Behörde keine Hinweise darauf gegeben habe, dass die Fahrerin den Unfall hätte vermeiden können.

Zugleich stellte Richter Eckardt für zwei als Zeugen geladene Ex-Kollegen von Fabian B. fest, sie hätten angesichts des Unfalls vor der „Hallo Pizza“-Filiale „kein sozial adäquates Verhalten“ gezeigt. So stellten sie das Fahrrad von Antje S. hin und fuhren ihre Autos, die hinter Fabian B. standen, vom Radweg weg – all das bevor die Polizei da war und den Unfallort für Ermittlungen fotografieren konnten. Ein Pizza-Bote machte sich sogar auf den Weg zu einer neuen Lieferung. Den Ermittlern sagten sie dies bis zur Hauptverhandlung nicht. Weil sie auf dem Radweg standen und Antje S. deswegen „nötigten“, an den Autos vorbei zu fahren, bescheinigte der Staatsanwalt den Pizzaboten eine „moralische Mitschuld“ an der Tragödie. HK

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