Aus dem GERICHTSSAAL: Haft für Auto-Kidnapper
Gutachter: Drogenabhängig und egozentrisch
Stand:
Sein Vorhaben, sich gewaltsam ein Auto zu beschaffen, endete für Benjamin B. (29) aus Chemnitz jetzt mit einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Mit dieser Sanktion blieb das Schöffengericht unter Vorsitz von Constanze Rammoser-Bode nur knapp unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die vier Jahre Haft für den unter anderem wegen Raubes und Diebstahls Vorbestraften gefordert hatte. Der Antrag der Verteidigung lautete auf zwei Jahre und zehn Monate.
Benjamin B. hatte in der Nacht des 9. März dieses Jahres die Beifahrertür des VW Polo einer 31-jährigen Frau aufgerissen und sich auf den Sitz neben sie geschwungen, als sie bei roter Ampel an der Kreuzung Am Kanal/Friedrich-Ebert-Straße halten musste. Vollgepumpt mit Haschisch, Heroin und Kokain forderte er die Potsdamerin auf, ihn zur Autobahn zu bringen, andernfalls würde er sie abstechen. Später kam ihm die Idee, sie möge zu sich nach Hause fahren, ihm dann ihr Auto überlassen. Bei einer Verkehrskontrolle in der Nansenstraße gelang es der zu Tode Erschrockenen, auf ihre missliche Situation aufmerksam zu machen. Die Beamten, die den völlig apathischen Möchtegern-Räuber vorläufig festnahmen, erinnerten sich an einen Vorfall kurze Zeit vorher: Am Hauptbahnhof hatte ein Mann versucht, einem älteren Mercedes-Fahrer den Fahrzeugschlüssel zu entwenden, ihn dabei mit dem abgebrochenen Hals einer Bierflasche bedroht. Als die Polizisten diese dann vor der Beifahrertür des Polo entdeckten, brachten sie beide Vorfälle in Zusammenhang – und trafen ins Schwarze (PNN berichteten).
„Während meiner langjährigen Tätigkeit habe ich selten einen Probanden gesehen, der mir die Begutachtung so schwer machte“, führte der psychiatrische Sachverständige aus, der den drogenabhängigen Benjamin B. auf seine Schuldfähigkeit untersuchen sollte. Der Angeklagte habe sich völlig desinteressiert gezeigt, Fragen mit Gegenfragen beantwortet. „Das ist ein Verhalten, das schon sehr vom üblichen Prozedere abweicht.“ Benjamin B. – so der Experte – fühle sich als etwas Besonderes. Er glaubt, er könne und dürfe alles, sei an keine Normen gebunden. „Er ist sehr egozentrisch, vermag sich nicht in die Gedanken und Gefühle anderer Menschen hineinzuversetzen. Es hat ihn überhaupt nicht interessiert, welche Angst er bei der jungen Frau durch sein Verhalten auslöste.“ Es sei nicht auszuschließen, dass Benjamin B., der unter einer dissozial-narzisstischen Persönlichkeitsstörung leide, zur Tatzeit in seiner Hemmungs- und Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen sei. „Trotz zehn Entgiftungen und zwei Entwöhnungstherapien war er kaum einmal drogenfrei“, führte der Gutachter aus. Hoga
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