Landeshauptstadt: Hallo Taksi!
„Wer fährt?“ – René Spröte beantwortet die Kernfrage des automobilen Kneipengängers mit einer der Verkehrssicherheit entgegenkommenden Antwort: „Ich“. Auf Anruf saust er mit dem Mikrobike herbei
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„Wer fährt?“ – René Spröte beantwortet die Kernfrage des automobilen Kneipengängers mit einer der Verkehrssicherheit entgegenkommenden Antwort: „Ich“. Auf Anruf saust er mit dem Mikrobike herbei Von Guido Berg René Spröte hat in diesem Jahr den Sprung vom Panzeraufklärer zum Existenzgründer geschafft. Am 1. Juli wäre er zum Feldwebel ernannt worden. Doch vor zwei Monaten verließ der 23-Jährige die Bundeswehr, nach 34 von 144 Monaten, für die er eigentlich unterschrieben hatte. Nur zwei Wochen im Jahr war sein Leben aufregend, dann hatte sein Spähtrupp Übungseinsatz. Die restlichen 350 Tage wartete der gelernte KfZ-Mechaniker darauf, dass die Zeit vergeht. Zu guter Letzt bestand seine Aufgabe darin, das Offizierstreffen seiner Waffengattung zu organisieren – da entschied sich der gebürtige Potsdamer für den spannenderen Kampf auf dem freien Markt – nach einem halben Jahr war sein Entpflichtungsgesuch durch, der Bund ließ ihn ziehen. Doch wovon leben nach Abgabe des Soldbuches? Sich als Kfz-Mechaniker anstellen lassen wollte er nicht, „der Job ist unterbezahlt“, sagt René Spröte. Lange hat er nachdenken müssen, womit er sich selbständig machen könnte. Als bei einem Wochenendausflug mit Freunden zum wiederholten Mal die Frage aufkam, wer fährt und demzufolge keinen Alkohol trinken darf („der Führerschein ist uns heilig“), fiel ihm eine Fernsehsendung ein, die er irgendwann einmal gesehen hatte. Darin wurde ein Minimotorrad gezeigt, dass sich zusammenklappen und in den Kofferraum verstauen lässt. Die Kombination aus dem Wissen um das Kleinstbike einerseits und dem Wunsch vieler Party- und Kneipengänger andererseits, trotz einiger Gläschen intus mit dem eigenen Auto nach Hause zu fahren, brachte den jungen Mann auf die Idee für das „Drink Taksi Potsdam“. Der Clou lässt sich so zusammen fassen: Mit dem eigenen Auto zur Kneipe, fröhliches Zechen, dann René Spröte anrufen, der kommt mit dem 45 Kilometer pro Stunde schnellen Ein-PS-Minimoped angefahren. Der Jungunternehmer faltet sein 50-Kubikzentimeter-Vehikel zusammen, packt es in eine Reisetasche, die er wiederum im Kofferraum verstaut. Dann setzt er sich ans Steuer und fährt den Zecher in dessen Auto nach Hause. Freilich hätte sich der Kunde statt des „Drink Taksi“ auch ein richtiges Taxi rufen können – nur dann müsste er am nächsten Morgen ja erst sein Auto abholen, das immer noch vor der Kneipe auf ihn wartet. Wie gut allerdings die richtigen Taxifahrer sein kleines Business finden, darüber will René Spröte gar nicht erst nachdenken. Aber er ist ja auch gar kein Taxi, sondern ein „Taksi“, etwas Anderes also, was er mit der exotischen Schreibweise kenntlich machen will. Jüngst hatte der junge Potsdamer seinen erste Fahrt, vom Bayrischen Haus zur Nansenstraße. Der Kunde kannte offenbar den Auto-Hol- und Bringeservice, aber war gewohnt, dass eine zweite Person mit eigenem Auto hinterher fährt, um den nüchternen Fahrer nach getaner Arbeit wieder zur Basis bringt. „Wo ist denn ihr Kollege?“, war dann auch seine erste Frage. Nein, einen zweiten Mann braucht René Spröte nicht. Flugs hatte der kräftige Jungunternehmer sein 30 Kilogramm schweres italienische Moped vom Typ „Di Blasi“ verpackt und im Kofferraum des Kunden verstaut. Der soll nicht schlecht geguckt und sich gleich ein paar Werbeflyer für seine Freunde geben lassen – offenbar wird die Frage „Wer fährt?“ in seiner Umgebung häufiger gestellt. Wer Geschäftsideen hat, von der so manche Ich-AG nur träumen kann, der ist freilich kein dummer. René Spröte erhielt erst vor wenigen Tagen seine Zulassung für ein Abiturkurs am Oberstufenzentrum. Da er bereits auf eine Berufsausbildung verweisen kann, müsste er nur ein Jahr die Schulbank drücken und er hätte die Hochschulreife in der Tasche. René Spröte muss sich entscheiden, Abi und Ingenieursstudium oder Engel aller Fahruntüchtigen – wie er sich entscheiden wird, ist ihm bis dato noch nicht klar. Das hänge auch von der Nachfrage nach dem „Drink Taksi“ ab. Wenn das Geschäft brummt, wird nicht studiert. Wer also künftig für die Trunkenheitsfahrt ein Taxi oder die Straßenbahn wählt, verdirbt ihm das Geschäft, ebnet aber den Bildungsweg von René Spröte. Drink-Taksi-Ruf: (0331)6207826
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