Aus dem GERICHTSSAAL: Halstuch über der Nase
Verstoß gegen Vermummungsverbot / Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je zehn Euro
Stand:
Gegen den geplanten Nazi-Aufmarsch wollte Ronny R. (32, Name geändert) am 5. November vorigen Jahres schon demonstrieren. Erkannt werden wollte er von den rechten Gegnern allerdings nicht. Also stülpte er sich – wie einige andere aus der linken Szene auch – die Kapuze seines Shirts über den Kopf, setzte eine Sonnenbrille auf. Als der Arbeitslose glaubte, in der Zeppelinstraße von Rechten fotografiert zu werden, zog er sich schnell ein Halstuch über die Nase. Das veranlasste die ohnehin präsente Polizei einzuschreiten. Ein Beamter nahm Ronnys Personalien auf, kündigte ihm eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot an. Jetzt saß der Hartz-IV-Empfänger auf der Anklagebank des Amtsgerichts. „Ich hatte das Tuch höchstens zwei bis fünf Sekunden vor dem Gesicht“, beteuerte Ronny R. „Da liefen nämlich Leute von der Anti-Antifa rum und machten Bilder, die sie später bestimmt ins Internet stellen wollten.“ „Glauben Sie im Ernst, mit Sonnenbrille und Kapuzenshirt wären Sie auf den Fotos zu erkennen gewesen?“, warf die Staatsanwältin ein. „Wer sich aber vermummt, verstößt gegen das Versammlungsgesetz. Dann ist davon auszugehen, dass er sich der Feststellung seiner Identität entziehen will. Das Gesetz sieht dafür Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor.“
Der Polizeibeamte Rico L. (27) aus Sachsen war an jenem Tag zur Unterstützung der Potsdamer Kollegen in der Innenstadt eingesetzt. „Ich befand mich bei den rund 500 Gegendemonstranten an der Kreuzung Breite Straße/Zeppelinstraße, um eventuelle Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Gruppierungen zu unterbinden“, berichtete der Beamte im Zeugenstand. „Es gab Leute, die anhand ihrer Kleidung eindeutig dem linken Spektrum zuzuordnen waren. Der größte Teil war allerdings normal gekleidet.“ Rechte, die einen Fotoapparat mit sich führten, habe er nicht gesehen. „Die sind auch gar nicht losgelaufen, sondern an ihrem Treffpunkt geblieben.“ Als Ronny R. sich plötzlich vermummte, sei er aufmerksam geworden. „Das waren nicht nur ein paar Sekunden. Ich würde von einigen Minuten ausgehen. Als ich ihn ansprach zog er das Halstuch allerdings sofort vom Gesicht“, erinnerte sich der Polizeizeuge. Ronny R. wurde anschließend von der Demonstration ausgeschlossen. „Das hört sich aber anders an als das, was Sie uns erzählten“, wandte sich die Richterin an den Angeklagten. „Wenn Sie Angst haben, dürfen Sie eben nicht zu solchen Demos gehen.“ Dann verurteilte sie den bereits wegen Beleidigung Vorbestraften zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je zehn Euro. Das Urteil ist rechtskräftig. Hoga
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