Landeshauptstadt: Halt an der Elefantenbuche
Heute letztmals in diesem Jahr „Entdeckung der Langsamkeit“
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„Zur Entdeckung der Langsamkeit“ haben Potsdamer und Touristen am heutigen Freitag im Jahr 2010 letztmals Gelegenheit. Durch den dämmerigen Neuen Garten führt ab 19 Uhr Parkchef Sven Kerschek. Treffpunkt ist am rückwärtigen Giebel der Orangerie, dem sogenannten Ägyptischen Portal.
Die mit Freimaurern und Rosenkreuzern und ihren Geisterbeschwörungen verbundenen „Geheimnisse des Neuen Garten“ sind Kerscheks Themen nicht, sondern „Blumen, Figuren und Gartenstaffagen“. Dabei erzählt er Geschichten, die kaum jemand kennt. So gibt es im Park eine „Elefantenbuche“, die durch Baumschnitt dem Umriss des Rüsseltiers ähnelt. Die Hängebuche war durch die sowjetischen Besatzer gepflanzt worden, die nach Kriegsende 1945 den von 1887 an durch Johann August Eyserbeck angelegten und ab 1816 von Peter Joseph Lenné umgestalteten Neuen Garten als Vergnügungspark nutzten – und dafür sogar eine Radrennbahn anlegten.
Nahe der Orangerie kann Sven Kerschek ein kunstvoll bepflanztes Teppichbeet zeigen. Solche Beete kamen im 19. Jahrhundert auf, wurden aber wegen der hohen Kosten schon bald wieder aufgegeben. Die Gestaltung an der Orangerie stammt aus den 1950er Jahren, als die Sowjets den Park in deutsche Hand zurückgegeben hatten. Entworfen haben die Anlage der frühere Gartendirektor Dr. Harri Günther und der langjährige Parkgärtner Otto Raudensky.
Angesichts seines hohen gartenkünstlerischen Wertes wird das Teppichbeet weiter erhalten, erklärte Kerschek. Bei den im Neuen Garten laufenden Gestaltungsarbeiten gehe es nicht schlechthin um eine Rückführung auf den Original- oder den Lennéschen Zustand. Vielmehr solle der Park unter Berücksichtigung aller Zeitschichten zwischen dem 18. und dem 20. Jahrhundert erlebbar gemacht werden.
Dazu gehört am Marmorpalais die Rückführung auf die Lennésche Gestaltung. Schrittweise entstehen hier die Bepflanzung der Anlagen mit Rosen und Pelargonien und später auch die Wasserterrassen wieder. Auf dem abendlichen Spaziergang wird Sven Kerschek daran erinnern, dass während der Schlossnutzung als DDR-Armeemuseum ab 1961 auf den Freiflächen unter anderem ein sowjetisches Kampfflugzeug MiG-21, Panzer und Geschütze aufgestellt waren.
Die „Entdeckung der Langsamkeit“ endet am Schloss Cecilienhof, wo 1945 die Konferenz der Alliierten über das Nachkriegsschicksal Deutschlands und Europas entschied. Dafür ist der in diesem Jahr mit Eisblumen bepflanzte Rote Stern im Schlosshof zu einem Symbol geworden. Es zu wandeln, sei nicht möglich, sagt Sven Kerschek. So habe ein Versuch, den Stern andersfarbig zu bepflanzen, zu Protesten geführt.
Nicht das Jahr 1945, sondern die Entstehungszeit des ab 1913 für den Kronprinzen Wilhelm errichteten Schlosses steht auf der Seeseite im Mittelpunkt. Hier liegt der Prinzenhof mit prachtvoller Bepflanzung und Gehölzen, die in der Form von Tieren und verschiedenstufigen Pyramiden geschnitten sind. In den Arkaden werden am Ende des Spaziergangs Klaus Büstrin mit Gartentexten aus zwei Jahrhunderten und Christian Lau mit Flötenspiel die Gäste unterhalten. E. Hohenstein
E. Hohenstein
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