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Links und rechts der Langen Brücke: Handfester Skandal

Michael Erbach ist sich sicher, dass der Beschluss zum Neubau des Brandenburger Landtages unterlaufen werden sollte

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Das Szenario hätte beispielsweise so aussehen können: Nach der offiziellen Präsentation der fast durchweg modernen Entwürfe für den neuen Brandenburger Landtag erfolgt der kollektive Aufschrei. Die Konsortien werden zur Überarbeitung ihrer Pläne aufgefordert, diese Umplanungsaktivitäten ergeben aber am Ende, dass mit den finanziellen Möglichkeiten und planerischen Vorgaben für einen Landtag für 150 Abgeordnete allein ein modernes Gebäude errichtet werden kann. Auch das wird noch zerknirscht und sehr gestenreich lange Zeit hin und her diskutiert, am Ende setzt sich dann die „politische Vernunft“ durch: Die Landeshauptstadt erhält – leider geht es nicht anders – einen Glas-Beton-Bau mit immerhin etwas Historie auf der Nordseite, sozusagen als Zugeständnis für monarchiebesessene Potsdamer. Sicher, das ist reine Spekulation. Denn mit der 20-Millionen-Spende von Hasso Plattner ist alles über den Haufen geworfen – keiner weiß, wie sich das Drama um Potsdams Mitte weiterentwickelt hätte. Aber es ist schon erstaunlich, mit welcher übereinstimmenden Gleichmütigkeit die sechs Konsortien monatelang einen Landtag entgegen dem Landtagsbeschluss planten. Festzuhalten bleibt: Erstens: Durch eine zusätzliche Formulierung in den Planungszielen, die in keinem Beschluss und auch nicht in der europaweiten Ausschreibung zu finden ist, wurde den Konsortien die Möglichkeit eingeräumt abweichend von den Beschlüssen zu planen, ohne dass sie fürchten mussten, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden. Zweitens: Bekannt ist auch, dass mindestens zwei der Verantwortlichen für die Umsetzung des Landtagsbeschlusses, nämlich Finanzminister Rainer Speer und Landtagspräsident Gunter Fritsch, keinen politischen Willen zeigen, diesen Beschluss adäquat und offensiv umsetzen zu wollen. Nimmt man nun beide Punkte zusammen, kann man sich leicht zusammenreimen, welches Spiel sehr wahrscheinlich mit Potsdams Mitte gespielt werden sollte: Durch den „Türöffner“ in den Entwurfszielen und gezielte politische Einflussnahme sollte alles andere als ein am historischen Vorbild orientierter Landtag entstehen. Vergaberechtlich wären die Verantwortlichen vermutlich sogar auf der sicheren Seite gewesen. Auch wenn glücklicherweise allen diesbezüglichen Überlegungen mit der Spende von Plattner nunmehr der Boden entzogen worden ist, sollte dieser Vorgang dennoch nicht unter den Teppich gekehrt sondern aufgeklärt werden. Abzuwarten bleibt auch, wie sich die Konsortien verhalten. Da sie sich mit ihren bisherigen Plänen sehr weit vom Landtagsbeschluss entfernt haben, wird es umso teurer, diese nun wieder Knobelsdorff anzunähern. Dumm gelaufen, könnte man sagen. Doch in Wahrheit ist das Ganze eine Missachtung von Volkes Wille – ein handfester Skandal.

Michael Erbach

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