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Aus dem GERICHTSSAAL: Handtaschen älterer Damen gestohlen

Haft und Entzugsklinik für Drogensüchtigen

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Freundlich bot Henry H.* (44) älteren Damen beim Einkaufen seine Unterstützung an, half einer Rentnerin, mit ihrem Rollator die Treppen des Wohnhauses in der Schopenhauerstraße zu bewältigen. War der vermeintlich nette Mann weg, fehlten den Frauen Portemonnaies oder Handtaschen. Mit dem erbeuteten Geld finanzierte der Neu-Potsdamer seinen Drogenkonsum. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Reinhild Ahle verurteilte den Heroinabhängigen am Mittwoch wegen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Es ordnete die Unterbringung des gut 20 Mal Vorbestraften in einer Entzugsklinik an. Der am 5. Dezember vorigen Jahres erlassene Haftbefehl gegen Henry H., der sich lange Zeit der Strafverfolgung entzog, blieb aufrechterhalten.

Da der aus Süddeutschland Stammende bei allen Taten unter Drogen stand, war es mit seiner Erinnerung nicht weit her. Die meisten Vorwürfe räumte er pauschal ein, sie wurden überdies durch Videoaufnahmen der Supermärkte, in denen er zuschlug, belegt. Energisch bestritt Henry H. allerdings, bei Karstadt zwölf Eheringe im Gesamtwert von rund 3500 Euro entwendet zu haben. „So etwas hätte ich mich nicht getraut“, beteuerte der unter Bewährung Stehende. Stattdessen räumte er das Konto der gehbehinderten Frau aus der Schopenhauerstraße leer. Ehe sie ihre EC-Karte sperren ließ, waren 4260 Euro weg. In der ebenfalls verschwundenen Geldbörse befanden sich 250 Euro. Dreimal soll der Obdachlose Kundinnen bei Kaiser’s in der Brandenburger Straße sowie bei Kaufland in den Bahnhofspassagen bestohlen haben. Der Gesamtschaden beläuft sich laut Anklage auf etwa 865 Euro.

Der als Zeuge gehörte Kaufhaus-Detektiv war sich nicht sicher, ob Henry H. in der Schmuckabteilung tatsächlich lange Finger machte. „Ich habe lediglich das Video ausgewertet. Der Täter sieht ihm ähnlich, ob er es ist, kann ich nicht hundertprozentig sagen“, erklärte er. Das Gericht stellte diesen Anklagepunkt – ebenso einen Hausfriedensbruch, den Henry H. leugnete – vorläufig ein. Die Sanktion, die er hierfür zu erwarten hätte, würde im Hinblick auf die verhängte Gesamtstrafe nicht wesentlich ins Gewicht fallen, so die Vorsitzende. Der psychiatrische Gutachter Klaus Simon attestierte dem Angeklagten Heroinabhängigkeit und Alkoholmissbrauch. Seine Schuldfähigkeit sei während der Diebstähle erheblich eingeschränkt gewesen. Wenn er sein Drogenproblem nicht in den Griff bekommt, sei mit weiteren derartigen Straftaten zu rechnen. Eine Therapie sei nicht „von vornherein sinnlos“, allerdings lägen ihre Erfolgschancen unter 50 Prozent. „Die Einweisung in eine Entzugsklinik ist die letzte Chance für den Angeklagten“, befand die Vorsitzende. (*Name geändert.) Hoga

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