zum Hauptinhalt
Einer von vielen Würfen. Hamms Trainer Ralf Gerards boykottierte nach dem Urteil den Kampfabend und warf bei allen sechs Kämpfen bereits nach kurzer Zeit das Handtuch.

© Hendrik Reich

Sport: Handtuchwürfe mit Folgen

Nach dem verpatzten Box-Abend fürchtet Motor Babelsberg einen Imageverlust und fordert 4500 Euro

Stand:

Nach dem Kampfabend, der keiner war, herrschte blankes Entsetzen. Zumindest bei den Bundesliga-Boxern des SV Motor Babelsberg. Diese hatten sich am Samstagabend auf einen fairen Fight mit dem MBR Hamm gefreut, rund 500 Fans hatten sich im Toyota-Autohaus an der Großbeerenstraße eingefunden und ein Großteil bekam das Eintrittsgeld zurück. Der Grund: Die gegnerische Mannschaft hätte sich um 16 Uhr zum offiziellen Wiegen einfinden müssen, erschien jedoch nicht. Hamms Trainer Ralf Gerards rief zuvor von der Autobahn aus an, dass er mit seinem Team wegen eines Unfalls kurz vor der Abfahrt Michendorf im Stau stecke (PNN berichteten). Als sich eine halbe Stunde später noch immer nichts tat, erkundigte sich Babelsbergs Trainer Ralph Mantau bei der Leitstelle der Polizei und erfuhr, dass es in diesem Autobahnabschnitt keinen Unfall und keinen Stau gebe. „Wir sind ganz klar belogen worden“, so Mantau.

Das Kampfgericht hielt sich anschließend klar ans Reglement und wertete den Kampf für die Gastgeber. Die Gäste reisten schließlich 45 Minuten später an, doch Hauptkampfrichter Thomas Riebe legte das Regelwerk entsprechend klar aus. Dieses besagt, dass es beim Wiegen eine Karenzzeit von maximal einer halben Stunde gibt. Diese 30 Minuten stehen auch einem Boxer zur Verfügung, der zum Wiegetermin mit Übergewicht erscheint, um dann noch „abkochen“ zu können.

Auch im Falle einer vorzeitigen Niederlage muss das unterlegene Team antreten – auch dies besagt das Reglement. Das tat der MBR Hamm zwar, doch Trainer Gerards warf bei jedem Kampf bereits nach rund zehn Sekunden das Handtuch. Die Fans wurden verprellt und Mantau bot ihnen an, an der Kasse ihr Eintrittsgeld zurückzubekommen. Der weitaus größte Teil tat dies auch.

„Wir saßen danach noch alle bis um halb zwölf zusammen und haben ernsthaft überlegt, ob es sich überhaupt noch lohnt, weiterzumachen“, erzählt Mantau. „Aber schließlich haben wir uns nichts vorzuwerfen. Sportlich ist das allerdings eine sehr große Katastrophe.“ Mit der sich nun auch die Ligakommission des Deutschen Boxsportverbandes (DBV) beschäftigen wird: Sie soll untersuchen, ob und inwiefern Gerards „wegen groben unsportlichen Verhaltens“ bestraft werden kann. Außerdem errechneten die Motor-Verantwortlichen einen Verlust von rund 4500 Euro wegen der zurückerstatteten Eintrittsgelder und des ausgefallenen Caterings. „Das Geld wollen wir auf alle Fälle wiederhaben“, bekräftigt Mantau, der vor allem aber einen Imageverlust des Boxsports in Potsdam befürchtet. „Wir treten seit Jahren für eine klare Regeleinhaltung im Amateurboxsport ein“, erklärt der 51-Jährige. „Ich bin jetzt seit 1989 als Trainer tätig. Aber so etwas habe ich in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt.“

Über den Sieg, durch den Motor Babelsberg auf den zweiten Tabellenplatz rutschte, konnte sich allerdings niemand im Team der Gastgeber freuen. „So wollten wir auf keinen Fall gewinnen“, sagte etwa Leichtgewicht Adthe Gashi. „Wenn wir gewinnen, dann durch den fairen Kampf. Aber nicht durch ein Handtuch.“

Ralf Gerards indes sieht die Sache komplett anders. „Vor uns gab es einen Unfall auf der Autobahn, leider habe ich ihn nicht fotografiert. Ich bin mir ganz sicher, dass wir diesen Kampf klar gewonnen hätten und es für Babelsberg die einzige Chance war, die Situation auszunutzen. Seinen Sieg sollte Mantau ruhig haben. Aber dann einen wie diesen.“

Zwischen beiden Trainern, die sich bislang in ihrer Arbeit oftmals unterstützten, ist das Tischtuch nach dem Eklat vom Samstagabend zerschnitten und viele Boxfans dürften den Glauben an Fairness verloren haben. Mantau & Co. werden viel tun müssen, um den entstandenen Schaden zu reparieren. Am 16. Februar treffen beide Teams in Hamm aufeinander. Die Babelsberger werden sicherlich sehr früh losfahren.

Henner Mallwitz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })