Landeshauptstadt: Handy statt Jagdhorn

Alles andere als Wild wäre wohl ein Frevel gewesen. So wurde als Hauptspeise beim ersten Potsdamer Jägerball am Samstagabend im Bornstedter Krongut Wildschwein serviert – geschossen durch ein Mitglied des Potsdamer Jagdverbands im Petzower Forst.

Doch ansonsten wurde aufgeräumt mit den Klischees über Jägerlatein, Blasmusik und grüne Loden: Der Ball mit Soulsängerin, Elvis-Double, Disco und Tombola wollte das schiefe Bild vom jagenden Grünrock ein wenig zurecht rücken. „Wir halten uns natürlich an Traditionen wie die Kleidung oder die Bläser, die eine Jagd eröffnen und beschließen“, sagte Ulli Ahlert, stellvertretender Vorsitzender des Potsdamer Jagdverbandes. Aber während früher das Jagdhorn zur Verständigung gedient habe, nutze der Jäger von heute beispielsweise ein Handy, um im Wald Kontakt zu halten. „Wir gehen schon mit der Zeit.“ Der erste Jägerball in Potsdam „nach mindestens 15 Jahren“ sollte den 470 Jägern, die im Jagdverband Potsdam organisiert, die Möglichkeit geben, sich einmal in entspannter Atmosphäre zu treffen. Denn die Jäger sehen sich sonst nicht oft, so Ahlert: Das Verbandsgebiet reicht von Paaren im Norden bis nach Belzig im Süden. Weite Wege und zu viel zu tun, als dass man sich öfter treffen könne. Vor allem das Schwarzwild hatte in den vergangenen Jahren für jede Menge Arbeit, auch im Potsdamer Stadtgebiet wie den Nuthewiesen und Babelsberg, gesorgt. Doch die Jagd ist nicht die Hauptaufgabe der Potsdamer Grünröcke. „90 Prozent der Zeit arbeiten wir an unseren Revieren, pflanzen Hecken, gestalten Biotope“, erklärt der Jäger. Nicht umsonst sei der Verband ein anerkannter Naturschutzverband. Außerdem seien die Jäger dafür verantwortlich, im Straßenverkehr getötete Tiere zu bergen. Richtig gejagt werde höchstens zehn Prozent der Zeit, „der Jagderfolg liegt dann etwa bei einem Prozent“, flunkert Ahlert. Jägerlatein – ganz ohne Klischee geht’s eben nicht. KG