Landeshauptstadt: Haschisch und „Koks“ für die Love Parade?
Entscheidung über Verhängung einer Jugendstrafe für die Dauer von sechs Monaten ausgesetzt
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Entscheidung über Verhängung einer Jugendstrafe für die Dauer von sechs Monaten ausgesetzt Von Gabriele Hohenstein Wahrlich mit „zwei blauen Augen“ kam Kai Sch. (19) bei der gestrigen Verhandlung des Jugendschöffengerichtes davon. Ohne Schulabschluss, ohne Arbeit und bis vor kurzem wohl auch ohne den nötigen Antrieb, nicht nur zu Hause herumzuhängen und Drogen zu konsumieren, hockte der Potsdamer auf der Anklagebank. Kai Sch. gab sich betont cool, bohrte bei bohrenden Fragen der Richterin allerdings mehrfach heftig in seinem rechten Ohr. „Sie wurden am 2. April wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Nur zwei Monate später werden Sie erneut mit einer größeren Drogenmenge erwischt“, rügte die Vorsitzende. Bei einer Polizeikontrolle am 1. Juni dieses Jahres in der Zeppelinstraße stellten die Beamten bei dem Arbeitslosen 48,3 Gramm Haschisch sowie sechs Portionstütchen Kokain mit einer Gesamtmenge von 7,6 Gramm sicher. Die Staatsanwaltschaft vermutete, Kai Sch. wollte mit dem „Stoff“ handeln. Das bestritt der junge Mann entschieden. Das Meiste sei für den Eigenbedarf gewesen, einiges auch für gute Freunde, beteuerte Kai Sch. Er habe die Love Parade in Berlin besuchen wollen, sich daher rechtzeitig mit Drogen eingedeckt. „Kurz vor der Parade ziehen die Preise mächtig an“, begründete der Angeklagte seine Vorratswirtschaft. Das kaufte ihm die Staatsanwältin allerdings nicht ab. „Ich glaube, Sie haben schon daran gedacht, das Zeug in Berlin zu einem guten Preis zu veräußern“, vermutete sie. „Sie gehen ganz schön leichtfüßig durchs Leben. Vielleicht haben wir bei den vergangen zwei Verhandlungen etwas falsch gemacht?“, gab die Vorsitzende zu bedenken. Sie kennt den unscheinbaren Angeklagten schon von früheren Verfahren wegen zweier Betäubungsmittelverstöße, eines Hausfriedensbruch, einer räuberischen Erpressung. Bewährungsauflagen nahm er ebenso wenig ernst wie die zwei Wochen Jugendarrest. Erst als ein Haftbefehl gegen Kai Sch. in der Welt war, der jedoch gegen Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt wurde, schien er ein wenig in sich zu gehen. Die Bewährungshelferin berichtete von dem Vorhaben ihres Probanden, ein soziales Trainingsjahr beim Internationalen Bund absolvieren zu wollen, danach eine Malerlehre ins Auge zu fassen. Davor stände allerdings das Nachholen der Abschlussprüfung für die 9. Klasse, die Kai Sch. im Sommer vermasselte. Das vernahm die Staatsanwältin gern, allerdings fehlte ihr der Glaube an die urplötzliche Läuterung des Bewährungsversagers. Sie forderte eine Jugendstrafe von 15 Monaten, die Kai Sch. diesmal nun auch verbüßen sollte. Der Verteidiger regte an, die Entscheidung über die Verhängung einer Haftstrafe für ein halbes Jahr zur Bewährung auszusetzen. In dieser Zeit solle der Angeklagte zeigen, dass es ihm mit seiner Wandlung auch tatsächlich ernst sei. Das Gericht lenkte ein und entschied ebenso. Kai Sch. muss jetzt schnellstmöglich ein soziales Trainingsjahr besuchen sowie 40 Stunden gemeinnützig arbeiten. Lässt er sich darüber hinaus in den nächsten sechs Monaten nichts zuschulden kommen, bleibt ihm das Gefängnis noch einmal erspart.
Gabriele Hohenstein
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