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Landeshauptstadt: Haus der Natur besteht fünf Jahre

Zum Jubiläum erhielt Umweltbildungs- und Konferenzzentrum den Namen Reimar Gilsenbach

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Vor fünf Jahren wurde im Innenhof des Waisenhauskomplexes das Haus der Natur eröffnet. Aus diesem Anlass erhielt sein Umweltbildungs- und Konferenzzentrum gestern den Namen „Reimar-Gilsenbach-Saal". Dazu wurde auch die Witwe des Umweltschützers, Hannelore Gilsenbach, herzlich begrüßt. Sie hatte ihr Einverständnis zur Namensverleihung gegeben.

Ministerpräsident Matthias Platzeck, der mit Gilsenbach befreundet und einer seiner Anhänger war, würdigte die Ikone des ostdeutschen Naturschutzes. Er erinnerte an die erste Potsdamer Umweltnacht, die wenige Tage nach dem Fall der Mauer am 15. November 1989 im Karl-Liebknecht-Stadion stattfand Damals erlebten 15 000 Teilnehmer auch Reimar Gilsenbach, der bis dahin seine Umweltlieder nur im kleinen Kreis vorstellen durfte.

Der 2001 verstorbene Umweltschützer, Schriftsteller und Liedermacher sei stets ein Vordenker der Demokratie gewesen, erklärte Platzeck, ein Mahner zum verantwortungsvollen Umgang mit der Natur. Deshalb freue es ihn, dass Gilsenbach mit der Namensverleihung „nach Potsdam zurückgekehrt“ sei. Sie stelle gleichzeitig einen hohem Anspruch an die Arbeit des Hauses der Natur.

Reimar Gilsenbach war in einer „öko-anarchischen Kommune" in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen. Im Zweiten Weltkrieg desertierte er aus der Wehrmacht. 1951 wurde er als Redakteur der „Sächsischen Zeitung" fristlos gekündigt, weil er sich für einen vom Sowjetischen Militärtribunal zum Tode verurteilten Oberschüler einsetze. Später arbeitete Gilsenbach als Chefredakteur der kritischen Zeitung „Natur und Umwelt" und nach deren politisch motivierter Einstellung 1962 als freier Autor. In 25 Büchern hat er seine Ansichten verdeutlicht, so in den Band „Schönheit der Flüsse und Seen" erschreckende Fotos von den durch die Industrie vergifteten Gewässern aufgenommen. In seiner Kritik an der DDR-Umweltpolitik ging er an die „Grenze des Möglichen", blieb aber als überzeugter Kommunist von 1947 bis zu deren Auflösung Mitglied der SED. Ab 1984 wurde Reimar Gilsenbach von der Stasi beobachtet. 1989 stand er auf der Liste der Intellektuellen, die bei einem Umsturzversuch in Internierungslager verbracht werden sollten.

Seit 1974 wohnte Gilsenbach im märkischen Brodowin und hatte entscheidenden Anteil daran, dass daraus nach der Wende ein Ökodorf wurde, in dem die Flächen der ehemaligen LPG umweltschonend bewirtschaftet werden.

Der Namensverleihung schloss sich ein Fest zum fünfjährigen Bestehen des Hauses der Natur an. Hier haben zehn Naturschutzverbände und -vereine ihren Sitz, außerdem die Argus-Umweltbibliothek. Das 1817/18 errichtete Gebäude diente ursprünglich als Waschhaus für den Schul- und Berufsausbildungskomplex, den der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. 1722 für verwaiste und bedürftige Soldatenkinder eingerichtet hatte. In der DDR-Zeit war es Kindergarten. 2001/02 wurde es vom Eigentümer, der Stiftung „Großes Waisenhaus", saniert und an den Förderverein Haus der Natur vermietet. In einer zweiten Ausbaustufe entstand 2005/06 im Dachgeschoss das mit moderner Medientechnik ausgestattete Umweltbildungs- und Konferenzzentrum für bis zu 100 Personen. Zugeordnet ist eine kleine Küche, so dass das Publikum auch bewirtet werden kann. Auf dem Dach wurde eine Solaranlage installiert.

Erhart Hohenstein

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