Bauen in Potsdam: Haus Dietz: Nachfolgebau durchgefallen
Der Gestaltungsrat Potsdam fand deutliche Worte zu den Plänen für einen Neubau an der Kurfürstenstraße: „Sie organisieren eine Bausünde“. Lob gab es dagegen für den NEubau der Klimaforscher auf dem Telegrafenberg
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Die ersten, die von Gestaltungsratschefin Ulla Luther am Abend den Kopf gewaschen bekamen, waren die Architektur- und Städtebau-Verantwortlichen Potsdams: Andere Städte machten viele freie Architekturwettbewerbe – „in Potsdam ist das nicht so ausgeprägt, eine Stadt wie Potsdam aber ist aufgerufen, das zu tun!“ Überhaupt: „Eine Altstadt wieder aufzubauen ohne wenigstens ein Modell zu haben “ Ulla Luther forderte ein Modell der Stadt Potsdam im Maßstab eins zu fünfhundert. „In Berlin hat es sich bewährt.“
Kurfürstenstraße 24/27 (Haus Dietz)
Beim Bauprojekt Kurfürstenstraße 24-27 als Nachfolgebebauung nach Abriss des Hauses Dietz stellten die Gestaltungsratsmitglieder alle Zeichen auf Rot. „Sie sind dabei, eine Bausünde zu organisieren“, erklärte Christian Rapp. Die Berliner Firma Natulis von Frank Strehlow plant einen fünfgeschossigen Riegel mit Tiefgarage und 34 Plätzen, „für jede Wohnung einen“. Ulla Luther drückte ihr Bedauern aus, dass das Haus Dietz abgerissen werden soll. Die daneben stehende, knapp zweigeschossige unter Denkmalschutz stehene ehemalige Gymnastikschule von Margarete Ullrich werde „zu einem Micki-Mouse-Häuschen“ degradiert. Das Denkmal werde wie ein Zwerg sein neben einem Goliath. Eindringlich forderten die Gestaltungsratsmitglieder den Bauherrn auf, die geplante Baumasse zu reduzieren. „Das ist zu viel an dieser Stelle.“ Ratsmitglied Rapp zweifelte sogar einer Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung nach Paragraf 34 Baugesetzbuch: „Da kann man diskutieren, was nach 34 Bauen im Bestand ist.“ Der Sprung von den zwei Geschossen der Gymnastikschule auf Strehlows fünfgeschossigen Riegel – „das geht gar nicht“, so Rapp. Architekt Weber versuchte sein Werk zu verteidigen, nicht dieses sei der „Ausrutscher“, sondern die doppelt so große Neubebauung in der Leiblstraße.
Havelwelle Zeppelinstraße
An seiner „Havelwelle“ am Momper-Center Zeppelinstraße hatte der Gestaltungsrat schon rumgemäkelt. Nun stellte Architekt Rüdiger Flender seine Überarbeitung vor, aus der Welle entstand – eine Woge. Aber obwohl er eigentlich einen linearen Bau vorgeschlagen habe, empfinde er die „Havelwoge“ nun als „ein salomonischen Kompromiss“. Der Flender so lobte, war niemand Geringeres als Martin Reichert von Chipperfield Architects, erst jüngst ausgezeichnet mit dem Mies-van-der Rohe-Preis der Europäischen Union. Reichert zu Flender: „Jetzt macht es städtebaulich Sinn.“ Und: „Wir sind mit der Variante sehr zufrieden.“ Einzig bei Flenders Fassade fand Reichert noch „zwei Prinzipien, die nicht zusammenpassen“.
Neubau für Klimaforscher vom PIK
Schlicht spektakulär sind die Pläne des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) auf dem Telegrafenberg. „Ein richtig großes Gebäude“ von 4200 Quadratmetern Nutzfläche, wie Architekt Stefan Tebroke sagte, soll in die Lichtung eines Waldes gesetzt werden - aber so, dass es kaum jemand sieht. Kern des Gebäudes wird ein Großrechner im Untergeschoss sein, mit dessen Abwärme nicht nur das skulpturale Haus selbst, sondern noch weitere Wissenschaftsbauten auf dem Telegrafenberg beheizt werden sollen. Ulla Luther zu dem Entwurf, eine kleeblattartige Kombination dreier Zylinder: „Wir sind hocherfreut.“
Erweiterung für Kita am Kanal
Architektin Christina Focke plant für die Kita Am Kanal einen Erweiterungsbau mit zwei Räumen, so genannten Boxen, die auf Stützen stehen, darunter eine Bobby-Car-Strecke und vor dem ganzen eine Fassade. Diese, erklärte Ulla Luther, drohe Kulisse zu werden. Ratsmitglied Mara Pinardi sagte, die Nutzung im Inneren müsse auch außen widergespiegelt werden. Architektin Focke dagegen verteidigte ihre Fassade, als Referenz an den historischen Stadtgrundriss.
Stadthäuser Behlertstraße 28a
Die Bauherrengemeinschaft legte ihr Vorhaben dem Gestaltungsrat zum zweiten Mal vor – und erhielten nun das höchste Lob. Ulla Luther: „Bauen Sie es so, wie Sie es heute vorgestellt haben.“
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