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Landeshauptstadt: Heiße Harzer Handwerkskunst

Zu den „Harzer Tagen in den Bahnhofspassagen“ präsentieren Handwerker ihre Produkte aus der Region

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Zu den „Harzer Tagen in den Bahnhofspassagen“ präsentieren Handwerker ihre Produkte aus der Region Von Michael Kaczmarek „Sie sind ein großer Künstler“, sagt eine Mittfünfzigerin zu Torsten Krüger. Der Glasbläser hält noch die neue mundgeblasene Rosenvase in seinen Händen und bedankt sich sichtlich beeindruckt. Zusammen mit Kollegen vom Harzer Wurst- und Käsestand, vom Gewürz- oder Korbmacherstand, dem Holzbrennerstand, und der Steinschleiferei zieht er in diesem Jahr mit den „Harzern“ durch die Lande. Mit dabei sind auch ein Weinhändler, Deckchen- und Hutverkäufer. Bis zum 14. Februar sind die „Harzer Tage in den Bahnhofspassagen“, dann ziehen sie weiter. Vor dem Glasbläserstand voller handgefertigter Glaskugeln, Glasfiguren und Rosenvasen bleiben Besucher stehen und schauen, wie Krüger aus Buntglasrohr eine Vase entstehen lässt. „Das Wichtigste ist, das Glas gleichmäßig zu erwärmen.“ Unter ständigem Drehen erhitzt er das Glasrohr im Feuer seines Gasbrenners langsam auf 1400 Grad Celsius. Das grüne Glas verfärbt sich glühend rot und Krüger zieht und formt das Glas von Hand. Dann pustet er in das noch formlose Glasrohr und die Rosenvase nimmt Gestalt an. „Wenn ich mit dem Formen fertig bin, muss ich das Glas langsam wieder runter kühlen, da es unter starker Spannung steht.“ Würde er das Glas einfach aus dem Feuerstrahl nehmen, könnte es zerspringen. Der Handwerker hat seine Bläserei in Rathenow, doch seine familiären Wurzeln liegen im Harz. Deshalb ist er mit den Harzern auch auf Tournee. Aber auch sonst ist Krüger ein Stammgast in den Potsdamer Bahnhofspassagen. Das letzte Mal zeigte er sein Können zur Weihnachtszeit. „Glasbläser sterben aber leider aus, sagt Krüger. „Es gibt keinen Bedarf mehr.“ Die Schmelzhütte im thüringischen Lauscha habe vor sieben Jahren dicht gemacht. Seit dem gibt es in Europa keine farbigen Glasröhren mehr. Kurz vor dem Aus der Hütte hatte Krüger aber zugeschlagen und lagert noch knapp 13 Tonnen Buntglas im Keller. „Wenn ordentlich durchgepustet wird, verbraucht ein Glasbläser etwa 800 Kilogramm Glas pro Jahr.“ Mit etwas Sparsamkeit solle der Vorrat noch bis zu seiner Rente reichen, hofft der heute 39-Jährige. Im Gegensatz zu dem Glasbläserstand bleiben bei der Korbmacherei Engelhardt nur wenige Leute stehen. „Mein Mann hat zu DDR-Zeiten Korbmacher gelernt“, erzählt Sabine Engelhardt die an den geflochtenen Körben, Platzdeckchen, Tabletts und Untersetzern die Stellung hält. Damals sei dieser Beruf gefragt gewesen. „Heutzutage können Sie zwar auch noch Korbmacher lernen, aber leben kann davon niemand mehr.“ Auch in dem Leipziger Betrieb wird kaum noch selber geflochten. Die meisten Körbe werden aus dem billig produzierenden Ausland importiert. Allein das Vorbereiten des Materials sei langwierig und damit teuer. „Würden wir selbst produzieren, lägen die Preise drei Mal höher und die will niemand zahlen.“ Potsdamer, die die Körbe betrachten und interessiert auf Harzer Käse, Wurst und Weine blicken, bleiben spätestens am Stand mit Touristeninfos rund um den Harz stehen. „Der Brocken und Goslar ziehen die meisten Besucher an“, erklärt Heike Pfeffer vom Touristenzentrum Bad Grund. Aber auch nach Wandertouren und Wintersport erkundigen sich die Potsdamer. Wer zudem weiß, wie hoch der Brocken ist, wie die Nacht zum 1. Mai im Harz genannt wird und wie das Tal am Hexentanzplatz heißt, kann am Tourismusstand ein Wochenende für zwei Personen in Blankenburg gewinnen. Doch nicht nur das Touristenzentrum und die Harzer Handwerker präsentieren sich – von Donnerstag bis Samstag zieht der Räuber Hotzenplotz als Drehorgenspieler durch die Passagen. Und am Donnerstag um 14 Uhr beschallt der Harzer Jodelmeister die Bahnhofshalle.

Michael Kaczmarek

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