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Landeshauptstadt: Heißer Kaffee und kostenlose Dusche

Potsdamer Suppenküche sorgt bei Bibber-Temperaturen täglich länger für Bedürftige – Jeder ist willkommen

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Die Thermometer im Land zeigen zweistellige Minusgrade. Aber im Bürocontainer II der Potsdamer Stadtverwaltung ist es kuschelig warm. Gerüche von gebratenem Fleisch, Kaffee und Fencheltee durchziehen das Innere des grauen Gebäudes. Im Erdgeschoss herrscht reger Betrieb – die Potsdamer Suppenküche hat zurzeit großen Zustrom. „Bei dieser Kälte kommen viele zu uns, um etwas zu essen oder sich aufzuwärmen“, sagt Friedhelm Luter und macht sich am Herd zu schaffen.

Luter arbeitet seit 2003 bei der Suppenküche und versorgt als Koch die Bedürftigen regelmäßig mit Speisen. „Heute stehen Leber, Kartoffelbrei und Möhren auf dem Plan, alternativ gibt es noch Leberkäse und Spiegelei“, erklärt der 47-Jährige und schlägt zwei Eier in die Pfanne. Auch für einen süßen Nachtisch ist gesorgt – Pudding und eingelegtes Obst stehen in kleinen Schälchen bereit.

Auf dem Gelände der Potsdamer Stadtverwaltung erhalten Bedürftige durch das sechsköpfige Team um Luter täglich Frühstück, warme Getränke und Mittagsmahlzeiten. Neben dem leiblichen Wohl sorgen die benachbarte Kleiderstube der Volkssolidarität, dem Träger der Suppenküche, bei Bedarf für warme Kleidung. Wegen der eiskalten Außentemperaturen hat das Team beschlossen, die Öffnungszeiten täglich um fünf Stunden zu erweitern. Bei Kaffee und Kuchen können sich die Bedürftigen nun wochentags bis 20 Uhr im Bürocontainer wärmen.

Rainer Knappe kommt fast täglich zur Suppenküche. Der 50-Jährige bezieht seit vielen Jahren Invalidenrente. „Die 500 Euro und paar Zerquetschte reichen nicht aus“, betont er. Die Miete und Versicherungen müssten bezahlt werden, außerdem seien die Lebenskosten in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. „Mit hundert Euro mehr im Monat wäre ich schon überglücklich“, unterstreicht der 50-Jährige. Nach Schottland oder London würde Knappe einmal reisen. Doch einen Urlaub könne er sich finanziell unmöglich erlauben. Nicht nur warmes Essen erhält Knappe in der Suppenküche, die „Hilfe und Unterstützung der Menschen“, das sei ihm eigentlich das Wichtigste. Deswegen bringt sich der 50-Jährige in die Gemeinschaft mit ein. „Ich helfe ehrenamtlich bei Arbeiten, die zu erledigen sind.“ Heute morgen sei er schon früh gekommen, um die Wege vom Schnee freizuräumen und Salz zu streuen. „Es ist ein gutes Gefühl, gebraucht zu werden.“

Luter bereitet den Fleischkäse zu. „Jeder ist hier willkommen“, betont der gelernte Koch. Das Mittagessen kostet 1,50 Euro, Kaffee gibt es für 50 Cent, Tee kostet die Bedürftigen 10 Cent.

Für einen Euro kann Wäsche gewaschen werden. Die Duschen können von den Bedürftigen kostenlos genutzt werden. Mit Lebensmittellieferungen unterstützt die „Potsdamer Tafel“ die Einrichtung. „Manche Speisen können wir dann kostenlos anbieten“, betont Luter und deutet auf das Frühstücksbüffet. Unter anderem wurden dort Brötchen, Schmalz und eine warme Suppe zum freien Verzehr drapiert. „Von den Einnahmen kaufen wir dann Lebensmittel, die uns noch fehlen“, erklärt der Koch. Zusätzlich finanziert sich die Suppenküche durch Zuwendungen der Stadt Potsdam sowie Spendeneinnahmen. Von Hochschulabsolventen über ältere Menschen mit einer kleinen Rente bis zu Obdachlosen – viele nutzen das Angebot der Hilfseinrichtung. „Die meisten wollen nicht darüber reden, es ist ihnen peinlich,“ erklärt Inge Engel, die seit vier Jahren fest im Team arbeitet. Doch mit der Zeit würden auch Freundschaften entstehen. „Wir geben den Menschen unser offenes Ohr und unsere Unterstützung“, betont die 61-Jährige.

„Das Essen ist wirklich sehr lecker“, bestätigt Rainer Adelt und kaut genüsslich. Seit zwei Jahren nutzt der 60-Jährige das günstige Mittagessen in der Suppenküche. „Ich bin sehr froh, dass es solche Menschen gibt, die für mich da sind“, betont er. Mit den 300 Euro, die Adelt zum Leben bleiben, könne er einfach nicht zurechtkommen, sagt er. „Kein vernünftiger Mensch schafft das.“ Im neuen Jahr hat der 60-Jährige nur einen Wunsch: „Gesund bleiben“, das sei wichtiger als alles Geld der Welt. Dania Ringeise

Dania Ringeise

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