
© Andreas Klaer
ENERGIEEFFIZIENZ: Heizen mit verbrauchter Luft
Pilotprojekt für Pro Potsdam: Richtfest für Passivhaus im Bornstedter Feld.
Stand:
Bornstedter Feld - Die Spinner hatten keine Chance. Saftig grünes Eichenlaub zierte die Richtkrone, die gestern mit einem Kran in luftige Höhen über den Rohbau eines Passivhauses in der Bartholomäus-Neumann-Straße gehievt wurde. Spuren der nimmersatten Spinner-Raupen, die derzeit den heimischen Eichen stark zusetzen, waren am Laub der zünftigen Richtkrone im Bornstedter Feld gestern nicht zu sehen.
Als Spinnerei mag man es auch einst angesehen haben, Gebäude mit derart niedrigem Energieverbrauch zu bauen, wie er in Passivhäusern üblich ist. Unternehmenschef Horst Müller-Zinsius bezeichnete das Haus gestern denn auch als ein Pilotprojekt für die Pro Potsdam. Man wolle Erfahrungen sammeln mit dieser Art des Bauens. Voraussichtlich Ende des Jahres werden die 16 Mietwohnungen bezugsfertig sein. Aber auch dann werde man das Haus weiter „im Auge behalten“, sagte Müller-Zinsius. Es sei geplant, den Energieverbrauch rund um die Uhr zu messen. Zudem wolle man untersuchen, wie sich das konkrete Verhalten der Mieter auf den Energieverbrauch auswirkt. Der Geschäftsführer nannte als Beispiel das Lüftungsverhalten der Bewohner. Man wolle zum Beispiel herausfinden, welcher genaue Zusammenhang zwischen dem Öffnen von Fenstern und dem Energieverbrauch in den einzelnen Wohnungen besteht.
Bei unter 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr werde der Heizenergieverbrauch voraussichtlich liegen, sagte Holger Eichler von der Firma Enerlyt, die für die Planung der Haustechnik verantwortlich ist. Es sei nicht ganz einfach, den Energieverbrauch dieses Hauses mit herkömmlichen Neubauten zu vergleichen, da die energetische Bilanz eines Gebäudes sehr von dessen Kubatur abhänge. Er schätze jedoch, dass ein herkömmlicher Neubau dieser Größenordnung etwa zwei- bis dreimal so viel Energie verbrauchen würde.
Erreicht wird diese Sparsamkeit unter anderem durch eine besonders dicke Dämmung der Außenwände. Laut Marko Reiter vom Architekturbüro Gutheil und Kuhn werde die Außendämmung 31,5 Zentimeter dick sein. Im Keller des Hauses wird zudem ein Wärmetauscher dafür sorgen, dass auch die Abwärme der verbrauchten Luft aus den Wohnräumen quasi noch zu Geld gemacht werden kann: Angesaugte Außenluft wird im Wärmetauscher an der aus den Wohnräumen abgesaugten Innenluft vorbeistreichen und dabei Wärme aufnehmen.
Doch ganz ohne Heizung werden auch die zukünftigen Bewohner nicht auskommen. Bei Temperaturen unter plus 12 Grad springe die mit Fernwärme betriebene Fußbodenheizung an und könne maßvoll etwas Wärme an die Räume abgeben, so Eichler.
Die Mieter werden mit dieser ausgeklügelten Technik wohl viel Heizenergie sparen können. Doch die Nettokaltmiete in dem neuen Passivhaus ist nichts für schmale Portemonnaies: Sie wird nach Angaben der Pro Potsdam 11 Euro pro Quadratmeter betragen. Laut Müller-Zinsius habe man mit der Vermietung der Wohnungen noch nicht begonnen. Die Investitionskosten für das energiesparende Bauvorhaben beziffert die Pro Potsdam auf 3,3 Millionen Euro. H. Catenhusen
H. Catenhusen
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: