Landeshauptstadt: H(er)ausgeputzt
Film in Endlosschleife zeigt die Auferstehung der City seit der Wende / Verlängerung bis 4. Advent
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Im Ladenlokal des unsanierten Hauses in der Lindenstraße 15 steht Kinobestuhlung. Vorne auf der Leinwand läuft ein Film in Endlosschleife. Er dokumentiert über drei Jahrzehnte Innenstadtentwicklung. Für die Rückschau braucht der Besucher allerdings Zeit. Der Film dauert nämlich etwa 40 Minuten, doch wer sich noch einmal ein Bild von den Häusern innerhalb der Zweiten barocken Stadterweiterung machen möchte, dem vergeht die Zeit wie im Fluge und eine kleine Pause vom Weihnachtsmarktbummel tut vielleicht auch den müden Füßen gut.
Der Film wurde vom Sanierungsträger Potsdam unter der Regie von Albrecht Gülzow in Zusammenarbeit mit Hagen Immel (Fotografie) und Andreas Stadler (Design) zusammengestellt und beschäftigt sich mit dem Bereich nördlich der Brandenburger Straße, für die Gülzow auch als Stadtsanierer zuständig ist. Um das Erbe, das der Sanierungsträger Potsdam und sein erster Chef Cornelius van Geisten übernahmen, war er nicht zu beneiden. In der Wendezeit hatte die Bürgerinitiative Argus noch mühsam den Abriss eines ganzen Straßenzuges (Dortustraße) gestoppt, doch auch andere Häuser waren zerfallen, weil nichts repariert geschweige denn durchsaniert wurde. Es ergeben sich immer wieder erstaunliche Effekte, wenn den abgeblätterten Fassaden, den Häusern mit kaputten Dächern und den zugemüllten Innenhöfen die heutigen Gestaltungen gegenübergestellt werden. Auch wenn die alten Fotos in Schwarz-Weiß ohnehin trister wirken als die aktuellen farbenfrohen Aufnahmen, der Unterschied ist frappierend. Ein ganzes Filmkapitel ist den inzwischen fantasievoll begrünten Innenhöfen gewidmet, die zu DDR-Zeiten nicht zugänglich und meist mit Schuppen und Garagen bis zur Unkenntlichkeit zugestellt waren.
Die Bilanz, die der Sanierungsträger in einem Flyer zur Ausstellung aufmacht, ist ebenso beachtlich, wie der Film selbst. 1993 bekam Potsdam eine Sanierungssatzung. Zur Stadterweiterung Nord gehören 238 Grundstücke mit 248 Vorder- und 188 Hinterhäusern beziehungsweise Seitenflügeln. Davon stehen 90 Prozent unter Denkmalschutz und bereits zu 95 Prozent sind die Häuser saniert. 25 Millionen Euro Förderung flossen in den 15 Jahren in die Sanierung der Häuser. Das gesamte Investitionsvolumen beträgt 225 Millionen Euro. Es ist also ersichtlich, dass auch sehr viel privates Geld in der Erneuerung der barocken Innenstadt steckt. Die Ruine Lindenstraße 14/15 soll übrigens demnächst ebenfalls eine Grunderneuerung erfahren.
Der Mix von Wohnen, Gewerbe und Kulturansiedlung in der Potsdamer City scheint gelungen. Die Bilder belegen es. Und dass die Stadt lebt, bezeugen nicht zuletzt die Aussagen ihrer Bewohner. Einzelhändler Axel Ballhause konnte die Sanierung gar nicht schnell genug gehen. Seine Kollegin Petra Streitz setzt sich für die Gutenbergstraße ein und möchte dort die vielen parkenden Autos heraus haben. Und auch für das Handwerk blieb Platz, wie Kunstglaser Karl-Heinz Rieger beweist. Hella Dittfeld
Der Film kann in der Lindenstraße 15 noch bis 21. Dezember täglich von 13 bis 18 Uhr kostenlos angeschaut werden.
Hella DittfeldD
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