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Den roten Teppich hatten an Heiligabend Schauspieler der Jugendtheatergruppe Die Spielwütigen vor der Lindenstraße 28/29 ausgerollt. Die Waisenhaus-Stiftung hat das Gebäude saniert und zum Hotel ausgebaut. Es konnte am Freitag im Rahmen der Aktion Historischer Adventskalender erstmals besichtigt werden. Hunderte Potsdamer folgten der Einladung.

© Andreas Klaer

Von Erhart Hohenstein: Herberge im Barockhaus

Waisenhaus-Stiftung eröffnet im April neues Hotel in der Lindenstraße / Besichtigung an Heiligabend

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Innenstadt - Es war die letzte Tür des diesjährigen „Historischen Adventskalenders“, die sich Heiligabend in der Lindenstraße 28/29 öffnete: Erstmals konnten die Potsdamer das frisch sanierte, 1753 von Jan Boumann errichtete zweistöckige Barockhaus besichtigen. Es gehört der Stiftung Großes Waisenhaus, sie hat es zum Hotel ausgebaut. Hunderte kamen, um am Vormittag des Heiligen Abends einen Blick in die Räume zu werfen.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Waisenhaus-Geschäftsführer Jürgen Pankonin betonten zuvor den Erfolg des Vorhabens, das Gebäude hinter der 88 Meter langen Straßenfront zum Hotel auszubauen. Darum hatte es seit 2004 zähe Verhandlungen gegeben, weil das Landesbildungsministerium (MBJS) längere Zeit seine Zustimmung verweigerte. Dem Vorhaben fehle die Wirtschaftlichkeit, hieß es; außerdem entspreche das Betreiben eines Gewerbebetriebs nicht dem Stiftungszweck. Nun aber ist das Hotel weitgehend fertiggestellt: Rund zwei Millionen Euro betragen die Baukosten, insgesamt hat die Stiftung nach eigenen Angaben rund drei Millionen Euro ausgegeben. Anfang April soll das Hotel eröffnet werden

Pankonin wies darauf hin, dass vor sechs Jahren ebenfalls das letzte „Adventstürchen“ der Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen Stadtkernen des Landes Brandenburg im Waisenhaus geöffnet worden war. Damals wurde die Wiedererrichtung des kriegszerstörten Kuppelbaus (Monopteros) auf dem Haupthaus gefeiert. Mit der Lindenstraße 28/29 habe die Waisenhausstiftung nun alle in ihrem Besitz befindlichen Barockgebäude saniert.

Oberbürgermeister Jakobs drückte seine Zufriedenheit darüber aus, dass mit dem Hotel eine preiswerte Beherbergungsstätte in der Innenstadt eröffnet wird. Das Drei-Sterne-Hotel bietet in 34 Zimmern unterschiedlicher Größe rund 90 Gästen Platz. Die Zimmer sind im Obergeschoss und mit Zustimmung der Stadtdenkmalpflege auch in einem Teil des zuvor ungenutzten Dachgeschosses ausgebaut worden. Dort erhalten sie ihr Licht durch dem historischen Bau angepasste Fenstergauben. Im Erdgeschoss befinden sich unter anderem Empfang, Frühstücksraum, Küche und ein Seminarraum. Das Hotel bietet Bett und Frühstück, besitzt aber kein eigenes Restaurant, sagte Hotelleiter Dieter H. Dudeck. Für die Räder der Fahrradtouristen wurden hinterm Haus Unterstände gebaut. Die Zimmerpreise liegen zwischen 60 und 120 Euro. Zum zehnköpfigen Personalstamm sollen auch Azubis aus den vom Waisenhaus betriebenen Jugendheimen gehören.

Wie Waisenhaus-Historiker René Schreiter herausgefunden hat, bestand das Haus ursprünglich aus sechs einzelnen Gebäuden. Darin lebten „beweibte“ Soldaten der königlichen Garde, die für die Heirat eine Genehmigung des Monarchen brauchten, mit ihren Familien. Um 1820 wurde die Häuserflucht vom Waisenhaus übernommen und zum Lazarett umgebaut. Dabei entstand der 80 Meter lange Flur im Obergeschoss, von dem die Krankenzimmer abgingen. Auch ein Totenraum war vorhanden. „Du sollst, wenn einer deiner Kameraden verstorben ist, dich nicht neugierig zur Todtenkammer drängen“, werden die Zöglinge in einer Hausordnung von 1839 ermahnt. Nach 1945 hatte das Haus verschiedene Nutzungen. Von 1979 bis 1997 befand sich dort die Redaktion der PNN, dann die Suppenküche. Beim Umbau zum Hotel wurde die innere Struktur des Hauses weitgehend erhalten, erklärte Architekt Olaf Gibbins, der wie beim Wiederaufbau des Monopteros das Projekt leitet. Neu eingebaut wurden Aufzüge, darunter auch ein Behindertenaufzug. Wo möglich, sind erhaltene Teile der ursprünglichen Bausubstanz wiederverwendet worden. Dazu zählen tragende Wände, 15 der insgesamt 97 Fenster, Teile von Türen und ein Blindfenster am Giebel mit Imitationsmalerei.

Erhart Hohenstein

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