Sport: Herberger und Schön hatten ein Auge auf ihn Babelsbergs Fußball-Idol „Schupo“ Tietz wird 90
„Im nächsten Augenblick fängt Tietz einen Angriff der Gäste ab, in rasantem Lauf saust er mit dem Ball nach vorn, überspielt einen Spieler nach dem anderen. Keiner ist imstande ihn aufzuhalten, und aus vollem Lauf schmettert er den Ball ab – ,Tor‘ ist der Schrei der begeisterten Zuschauer, die damit Tietz ihren Dank für diese meisterliche Tat abstatten.
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„Im nächsten Augenblick fängt Tietz einen Angriff der Gäste ab, in rasantem Lauf saust er mit dem Ball nach vorn, überspielt einen Spieler nach dem anderen. Keiner ist imstande ihn aufzuhalten, und aus vollem Lauf schmettert er den Ball ab – ,Tor‘ ist der Schrei der begeisterten Zuschauer, die damit Tietz ihren Dank für diese meisterliche Tat abstatten.“ Man spürt den Enthusiasmus des Berichterstatters der „Potsdamer Tageszeitung“ vom 24. November 1941 bei der Schilderung des Tores, das zum 2:1 für Eintracht 06 Babelsberg gegen den Weißenseer FC 1900 in einem Punktspiel der zweithöchsten Klasse im heutigen Karl-Liebknecht-Stadion führte und die Wende zum schließlichen 5:1 einleitete. Der so treffend beschriebene Heinz „Schupo“ Tietz , eine Institution des Babelsberger Fußballs, begeht heute seinen 90. Geburtstag.
Heinz Tietz begann bei Concordia 06 Nowawes mit dem organisierten Fußballspiel. Schon in ganz jungen Jahren hatte er seinen lebenslangen Spitznamen weg, als er auf dem heutigen Weberplatz angesichts des dort nicht erlaubten Spiels als Kleinster seine Kameraden vor dem nahenden „Schupo“ (Schutzpolizist) zu warnen hatte. Ab 1933 spielte er bei Nachfolger Eintracht 06; er debütierte am 29. August 1937 beim 4:0 beim Brandenburger SV 21 in der „Ersten“ und stand schon eine Woche später als 17-Jähriger in einer Nowaweser Auswahl, die gegen eine Potsdamer Vertretung 4:1 gewann. In wenigen Jahren wurde „Schupo“ zum Dreh- und Angelpunkt der aufstrebenden Eintracht-Elf. Nationalmannschaftstrainer Sepp Herberger wurde bald auf ihn aufmerksam und zog ihn 1940 zweimal für die von ihm mit betreute Berlin-Brandenburgische Auswahl gegen Mittelrhein und Baden heran.
Der Krieg war auch für Heinz Tietz das entscheidende Hindernis für die ganz große Laufbahn; 1947 war er nach Krieg und Gefangenschaft wieder wohlbehalten zu Hause. Tietz stürmte auf dem linken Flügel der SG Babelsberg, 1949 zog er mit seiner Mannschaft als Landesmeister Brandenburgs in die neu gegründete DDR-Oberliga ein. Inzwischen dirigierte er das Spiel von der Position eines zurückhängenden Mittelstürmers, bis er den Platz des rechten Außenläufers einnahm.
Aus der brandenburgischen Landesauswahl war „Schupo“ bald nicht mehr wegzudenken. Der spätere BRD-Nationaltrainer Helmut Schön, bis 1950 in Dresden ansässig, plante ihn fest für die anfangs von ihm betreute DDR-Auswahl ein; für seine Nachfolger galt Tietz dann als „zu alt“. Gern denkt er an ein Spiel der DDR- Auswahl gegen eine polnische Vertretung am 21. April 1951 in Berlin zurück.
Für Rotation Babelsberg lief Tietz zwischen 1949 und 1956 – lange Jahre als Kapitän – zu 203 von 208 möglichen Meisterschaftsspielen der DDR- Oberliga auf. Schon während seiner aktiven Zeit war er Leiter der Fußball-Sektion Rotation Babelsbergs, 1971 führte er Motor Babelsberg als Trainer zurück in die DDR-Liga. Lange Jahre erwarb er sich große Verdienste in der Nachwuchsarbeit. Dem heutigen Fußball steht „Schupo“, der als Rentner in Babelsberg lebt, distanziert gegenüber: „Ich habe nichts mit dem bezahlten Fußball zu tun.“ Peter Rosenzweig
Peter Rosenzweig
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