Von Peer Straube: Hermes und Grundy Ufa prüfen Umzug nach Berlin Medienstadt droht Profilverlust /
Chef des Synchronstudios übt Kritik an der Stadt
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Babelsberg - Der Medienstadt Babelsberg droht der Verlust zweier Branchenschwergewichte. Sowohl die renommierte Hermes Synchron, die sich zu den Top vier in Deutschland zählt, als auch die Grundy Ufa, einer der größten TV-Serienproduzenten Europas, denken über einen Wegzug aus Potsdam nach. Das bestätigten Hermes-Chef Jörg Hermes und Grundy Ufa-Vizegeschäftsführer Thorsten Degen auf PNN-Anfrage.
Grund für die Umzugserwägungen ist der Ende 2011 auslaufende Mietvertrag für das Medienhaus in der August-Bebel- Straße, in dem beide Firmen tätig sind. Hermes Synchron hat hier seinen Sitz und seine Aufnahmestudios, die Grundy Ufa hat Ateliers gemietet, in denen seit Jahren die erfolgreiche RTL-Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ gedreht wird. Eigentümer des Gebäudes ist die Zentrum für Film- und Fernsehproduzenten GmbH (ZFF), ein Joint-Venture-Unternehmen der Stadt Potsdam und der Studio Babelsberg AG. Letztere hat Ende 2011 eine vertraglich vereinbarte Kaufoption für das Medienhaus, die sie nach PNN-Informationen auch wahrnehmen will.
Synchronfirmen-Chef Hermes ist aber vor allem sauer auf die Stadt, die in der ZFF die Mehrheit der Anteile hält und mit Steffen Schramm auch den Geschäftsführer stellt. „Ich vermisse ein klares Bekenntnis von Herrn Jakobs“, kritisierte Hermes den SPD-Oberbürgermeister. Unterstützung oder Hilfe habe er bislang von der Stadtverwaltung keine bekommen, obwohl man sich dort sehr gerne mit der Attraktivität des Medienstandortes schmücke. Sein Unternehmen mit 25 Mitarbeitern und teurer Technik brauche Planungsvorlauf, weil ein Umzug logistisch schwierig sei, so Hermes. Gebe es innerhalb der nächsten sechs Monate keine positive Entscheidung, werde er mit der Firma nach Berlin gehen. Dort hatte sein Vater Ingo Hermes 1967 das renommierte Synchronstudio gegründet und sich 1996 einen alten Traum erfüllt, als er sich in Babelsberg ansiedelte, wo er vor dem Mauerbau sein handwerkliches Rüstzeug gelernt hatte. Bei Hermes wurden Klassiker wie „Pulp Fiction“, „Fargo“ oder „Terminator“ synchronisiert.
Auch bei der Grundy Ufa wartet man bislang vergeblich auf Klarheit über 2011 hinaus. „Wenn wir kein wirtschaftlich attraktives Angebot bekommen, schließen wir einen Standortwechsel nicht aus“, sagte Vizegeschäftsführer Degen den PNN. Verschiedene Szenarien würden derzeit geprüft. Käme es zu einem Umzug, wäre Berlin die „wahrscheinliche Alternative“, sagte Degen. Bis Jahresende werde man eine Entscheidung treffen. Man wolle nicht unbedingt weg aus Babelsberg, doch gäben betriebswirtschaftliche Überlegungen den Ausschlag, so Degen.
Sollten Hermes und Grundy Ufa in Babelsberg die Segel streichen, wären sie nicht die ersten. Im vergangenen Jahr hatte bereits die private Babelsberg Film School die Medienstadt in Richtung Berlin verlassen, weil es Schwierigkeiten mit der staatlichen Anerkennung durch das brandenburgische Wissenschaftsministerium gegeben hatte. Zudem musste das traditionsreiche Filmkopierwerk Insolvenz anmelden. Es war zwei Jahre zuvor aus der Studio Babelsberg AG ausgegliedert worden und hatte in der Folge Umsatzeinbrüche zwischen 30 und 40 Prozent zu verkraften gehabt – auch weil es vom Studio selbst kaum Aufträge mehr bekommen hatte. Fehlende Synergien innerhalb der Medienstadt beklagt auch Jörg Hermes. So profitiere auch seine Firma kaum von den vor Ort hergestellten großen Kinofilmen.
Ein erstes Gespräch mit Studio-Miteigentümer Carl Woebcken am vergangenen Freitag lässt Hermes hoffen. Die Studios wollten sich „dafür einsetzen“, dass man bleiben könne, sagte er.
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