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Interview: „Herr Jakobs muss uns keinen Supermarkt hinstellen“

Interview mit Carmen Klockow, seit 2011 Ortsvorsteherin von Neu Fahrland.

Stand:

Frau Dr. Klockow, was ist in Neu Fahrland seit der Eingemeindung gut gelaufen?

Da müsste man erstmal anfangen mit den Träumen und Wünschen, die man hatte …

Was an dem, was seit 2003 geschah, stellt Sie zufrieden?

Die Kindertagesstätte hat sich gut entwickelt, wir haben hier ein sehr schönes Gebäude erhalten mit einem sehr gut funktionierenden Kindergartenbetrieb und  einer sehr niveauvollen Betreuung. Gleich nebenan wurde ein herrlicher Spielplatz errichtet.  Dass wir jetzt auch ein Begegnungshaus haben, empfinde ich als einen großen Gewinn. Bezahlt wurde es übrigens von der Investitionspauschale von 350000 Euro pro Jahr, wie im Eingliederungsvertrag festgelegt. Das Haus wird immer besser angenommen; die Neu Fahrländer entfalten hier viele Aktivitäten. Vielleicht schaffen wir es auch irgendwann, die mit dem Haus verbundenen finanziellen Hürden langfristig zu stemmen.

Welches Problem gibt es da?

Wir haben eine finanzielle Zusage der Stadt von circa 9000 Euro im Jahr für  gemeindliche Aufgaben, sollen hier aber  mehr als 13000 Euro Miete zahlen im Jahr und dies in einem Haus, das wir selbst finanzierten. Wenn das mit den Vermietungen und Zuschüssen nicht mehr so klappt, wird es eng. Wir hätten da gern einen größeren Spielraum.

Sie sprachen eingangs von den Wünschen und Erwartungen …

Darauf werde ich von den Bürgern ganz oft angesprochen, vor allem von den älteren: Warum haben wir hier keine Einkaufsmöglichkeit? Es ist für die Bürger nicht nachzuvollziehen, dass  an vielen anderen Orten Supermärkte entstehen, nicht aber in Neu Fahrland. Wir haben eigentlich freie Marktwirtschaft in Deutschland. Wenn sich ein Anbieter für Neu Fahrland  als Einkaufsstandort interessieren würde, dann würde er durch das Einzelhandelskonzept der Stadt Potsdam  an der Umsetzung gehindert und keine Unterstützung finden. Von uns Neu Fahrländern wird erwartet, dass wir die vorhandenen Einkaufsmärkte in Groß Glienicke oder in Fahrland stärken und  nicht noch eine zusätzliche Konkurrenzsituation für die Betreiber schaffen. Aber es ist nicht einzusehen, warum gerade die älteren Bürger auf den Bus angewiesen sein sollen, um Dinge des täglichen Lebens zu besorgen. Also: Wir erwarten nicht, dass der Herr Jakobs kommt, und uns hier einen Supermarkt hinstellt. Aber wir erwarten, dass das nicht von vorneherein verhindert wird.

Hoffen Sie, dass mit der Entwicklung der Kaserne Krampnitz die Anwohnerzahl so stark steigt, dass Neu Fahrland für Kaufmärkte interessant wird?

Nein, denn die Kaserne Krampnitz zählt eher zum Einzugsbereich des vorhandenen Supermarktes in Fahrland. Nebenbei bemerkt gibt es sicherlich noch Rechtsunsicherheiten. Dass im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Baugebiete vorhandene ländliche Betriebe vernichtet werden,  ist nicht das, was wir wollen. Man ist ja dabei, möglicherweise ein Enteignungsverfahren in die Wege zu leiten, um die Flächen des bäuerlichen Betriebes Ruden oder des  Gartenbaubetriebes Kania umzuwidmen, um Bauland daraus zu machen. Dagegen haben sich die Ortsbeiräte von Neu Fahrland und Fahrland vehement gewehrt. Aber da sind wir schon beim Mitbestimmungsrecht. Das geht eigentlich gegen Null. Wenn es um die Belange des Ortsteils geht, werden wir zwar pro forma gefragt, wir können uns auch in der Stadtverordnetenversammlung zu Wort melden, aber in der Regel hat das keinen Einfluss.

Ortsbeiratsbeschlüsse werden von den Stadtverordneten nicht beachtet?

Das war wiederholt der Fall. Auch die Zusammenarbeit mit der Verwaltung lässt oft zu wünschen übrig: Am 22. Mai 2012 hat der Ortsbeirat den Oberbürgermeister gefragt, welche Immobilien der ehemaligen Gemeinde Neu Fahrland seit 2003 verkauft wurden. Laut Eingliederungsvertrag sollte der Verkaufserlös direkt wieder im Ortsteil investiert werden. Erst am 12. Juni 2013 haben wir die Antwort bekommen, nachdem ich mit der Kommunalaufsicht gedroht hatte. Und die Liste, die wir erhielten, ist dem Anschein nach nicht vollständig. Da gibt es möglicherweise Immobilien, die … vergessen wurden. Das prüfen wir noch.

Ein anderes Beispiel. Im Mai 2012 hatten wir gebeten, dass im Kreuzungsbereich Amudsenstraße/Nedlitzer Straße eine Ampel entsteht, um die Sicherheit der Radfahrer, insbesondere von Kindern, die mit dem Rad zur Schule fahren, zu erhöhen. Im Januar 2013, nach acht Monaten, erhielten wir die Antwort: Nach einer Untersuchung werde tatsächlich eine Ampel empfohlen. Aus diesem Grund werde 2013 eine Ampel errichtet werden. Am 29. Oktober 2013 kam jedoch folgende E-Mail: Aufgrund der Finanzsituation werde der Bau der Ampel erst 2014 erfolgen.

Die Sicherheit unserer Rad fahrenden Schulkinder bleibt auf diese Weise weiter gefährdet! Hoffentlich rächt sich dies nicht. Woran liegt es, dass es auf der Insel nicht voran geht?

Ich hoffe, dass ich diese Frage bald ganz anders beantworten kann. Wir hatten ja das Problem, dass die Insel in die Insolvenzmasse der Robex GmbH geraten ist. Inzwischen aber ist die Robex in anderer Form wieder aufgelebt, sie ist jetzt wieder am Zuge und finanzkräftig. Die Planung für die Insel wird von dem Architekturprofessor der Fachhochschule Potsdam, Ludger Brands, derzeit erstellt. Es entsteht ein Gesamtkonzept für die Insel. Ich bin zuversichtlich, dass es auf gutem Weg ist.

Das Interview führte Guido Berg

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