
© A. Klaer
Landeshauptstadt: „Herr Linke, wir machen den Gehweg“
Matthias Klipp und Räderei-Inhaber Steffen Linke zu Gast bei Carsten Wist
Stand:
Zu Gast beim Buchhändler Carsten Wist war am Donnerstagabend Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Bündnisgrüne) und somit ein Garant für kurzweilige Unterhaltung. Dies nicht nur deshalb, weil Klipp für klare Worte bekannt ist, sondern auch, weil Klipps lokalpolitischer Widerpart Saskia Hüneke im Publikum saß. Eingeweihte wissen: Hüneke und Klipp verbindet zwar das gleiche Parteibuch, aber selten die gleiche Meinung. Zu dieser anregenden Melange gesellte sich Moderator Holger Backhaus-Maul, dem es gegeben ist, seinen Gästen witz-, geist- und wortreich Dinge zu entlocken, die sie ohne ihn wahrscheinlich nicht gesagt hätten. Als Gesprächspartner Klipps saß Steffen Linke im Podium, Inhaber der „Räderei am Kanal“, eines Fahrradladens, von dem viele Anwesende im Publikum schlicht behaupteten, er sei der beste in Potsdam. Thema des Abends war: „Fahrradfahren sans souci“.
Angeregt durch Linkes Werdegang, er war erst Präzisionsmechaniker bei der Akademie der Wissenschaften, dann Zivildienstleistender bei der Volkssolidarität und schließlich Fahrradladen-Gründer, wollte Backhaus-Maul etwas über „Brüche“ im Leben Klipps wissen. Normal sei doch, zunächst Dezernent in der Ausbildung zu sein, dann Dezernent, letztlich Dezernent a.D. Klipp erinnerte sich daraufhin an ein „Kreuzverhör zu meinem Lebenslauf“ während des Assessment-Centers (AC) zur Auswahl des Baubeigeordneten. Obwohl der ehemalige Baustadtrat von Prenzlauer Berg zwischenzeitlich in der Privatwirtschaft arbeitete, habe ihn der Oberbürgermeister anschließend angerufen, um ihm zu sagen, dass er es mit ihm versuchen wolle. Immerhin, so klingt es bei Klipp durch, habe sich Jann Jakobs’ Wahl für die Stadt bereits gelohnt. Bei Verhandlungen mit der Firma TLG Immobilien um den Erwerb des ehemaligen Intershopladens am Obelisk, bis vor Kurzem ein Fahrradladen, habe die TLG zunächst das 13-fache der Jahreskaltmiete gefordert. Klipp habe widersprochen: „Der war erstaunt.“ Nun seien sie handelseinig, noch 2011 werde der Kaufvertrag unterschrieben und „nächstes Jahr machen wir eine grüne Wiese daraus“ – zur Verbesserung des Welterbe-Umfeldes. Der Kaufpreis laut Klipp: „Deutlich unter 13 Jahreskaltmieten.“
Linke nutzte Klipps Anwesenheit, um sich über Stadtmitarbeiter zu beschweren, die kein Ohr hatten für seine Sorgen während der Gehwegsanierung vor seinem Geschäft. „Herr Linke, wir machen den Gehweg“ habe dieser Mitarbeiter gesagt. Als Linke insistierte, viele Kunden kämen gar nicht mehr bis zu seinem Laden durch, habe dieser Mensch nur immer wieder gesagt: „Herr Linke, wir machen den Gehweg.“ Klipp entschuldigte sich, noch nicht jeder Mitarbeiter sähe sich als Dienstleister der Potsdamer.
Die unausweichliche Konfrontation zwischen Klipp und Hüneke provozierte jemand aus dem Publikum. Dieser meinte, für Saskia Hüneke müsste es ein zwölfmonatiges Radfahrverbot für die Mittelpromenade der Hegelallee geben. Die Bündnisgrüne hatte vehement gegen die Asphaltvariante gekämpft, mit der sich Klipp durchsetzte. Hüneke erklärte, dass sie Unfälle befürchtete zwischen rasenden Radlern und den Fußgängern. Klipp entgegnete, dies wäre auch bei Hünekes wassergebundener fester Decke der Fall gewesen. Hünekes Argumente seien „untauglich“. Die Gäste waren über derartiges Diskutieren hart am Wind sehr angetan und applaudierten am Ende. Den Schlussgag setzte Gastgeber Carsten Wist: „Am Schlimmsten sind die Sonntagsfahrradfahrer.“
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