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Elektronisches Ohr. Patienten müssen lernen, mit Technik zu hören.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: High-Tech im Ohr

Hörtherapiezentrum am Oberlinhaus eröffnet

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Wer wünscht sich das nicht? Der Straßenverkehr stört keinen Schlaf, Flugzeuge fliegen lautlos am Nachthimmel und der schreiende Chef verzerrt anscheinend tonlos sein Gesicht. Für viele Menschen ein Traum, für andere Realität – aber alles andere als traumhaft. Denn diese Menschen haben kein Gehör. Sie sind taub geboren oder haben ihr Gehör verloren.

Wo klassische Hörgeräte nicht mehr weiterhelfen, sind Cochlea-Implantate für die Betroffenen eine Möglichkeit, um in die Welt der Töne zurückzukehren oder überhaupt erstmals in sie einzutauchen. Das vor Kurzem im Babelsberger Weberpark in der Tuchmacherstraße 49 eröffnete Hörtherapiezentrum des Oberlinhauses widmet sich mit der Cochlea-Implantat-Technik stark hörgeschädigten Menschen. Wer hierher komme, habe „in der Regel einen sehr, sehr langen Leidensweg hinter sich“, sagt die ärztliche Leiterin Dr. Friederike Wagner. Patienten, denen ein Cochlea-Implantat operativ eingesetzt wurde, lernen hier, wie sie mit der Technik „hören“ können.

In einem gesunden Ohr versetzen Schallwellen das Trommelfell in Schwingung, wodurch wiederum die winzigen Haarzellen in der im Innenohr befindlichen Schnecke (Cochlea) in Bewegung versetzt werden. Die Haarzellen wandeln diese Bewegung in elektrische Impulse um. Der Hörnerv leitet diese Ministröme an das Gehirn weiter. Aber wenn die Haarzellen nicht arbeiten, ist bereits im Innenohr Endstation. Das Gehirn kann kein Signal empfangen.

Hier setzen die Cochlea-Implante an: Elektroden übernehmen die Funktion der Haarzellen. Dazu wird den Patienten High-Tech in das Ohr implantiert. Die Patienten tragen am Außenohr ein Gerät, das ein wenig wie ein klassisches Hörgerät aussieht. Es empfängt die Schallwellen aus der Umwelt und wandelt sie in digital kodierte Signale um. Über eine Sendespule, die am Hinterkopf getragen wird, bahnen sich die Signale ihren Weg in das Innere des Kopfes, wo sie von der implantierten Technik weiterverarbeitet werden, sodass der Hörnerv schließlich wieder etwas zu tun erhält.

Mit dem Hörtraining im Therapiezentrum könne etwa sechs Wochen nach der Operation begonnen werden, sagt Friederike Wagner. In der ersten Zeit kämen die Patienten einmal pro Woche, um die Technik einstellen zu lassen und unter Anleitung eines Therapeuten das Hören zu lernen, so Wagner. Später werden die Abstände zwischen den einzelnen Sitzungen größer. Zu Beginn der Therapie lernten die Patienten, Geräusche wahrzunehmen, dann gehe man – soweit möglich – zu einzelnen Silben über und schließlich taste man sich langsam an das Sprachverstehen heran, berichtet Wagner. Ein perfektes Hören wie bei einem gesunden Menschen sei aber nicht möglich, räumt sie ein. Der Behandlungserfolg hänge von der Ertaubungsdauer und dem Engagement des Patienten ab.H. Catenhusen

Am 19. November lädt das Hörtherapiezentrum zwischen 15 und 18 Uhr zum Tag der offenen Tür ein

H. Catenhusen

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