Landeshauptstadt: Hilfe für Opfer von Gewalt
Sechs Jahre Opferberatung in der Gutenbergstraße 15 / Vor allem Frauen suchen Unterstützung
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Sechs Jahre Opferberatung in der Gutenbergstraße 15 / Vor allem Frauen suchen Unterstützung Seit Ende 1996 gibt es in Potsdam eine Beratungsstelle für Opfer und Zeugen von Straftaten. Rosemarie Priet versucht, Hilfesuchenden beizustehen und mit praktischem Rat über die Folgen körperlicher Verletzung und materiellen Schäden hinwegzuhelfen. Die 38-jährige Diplom-Psychologin berichtet über einen „ganz einfachen Fall“: Eine Kassiererin in einem Supermarkt wird kurz vor Feierabend von einem jungen Mann mit der Waffe bedroht. „Geld her“, lautet der Befehl, den die Kassiererin befolgt. Der Mann verschwindet mit der Beute. Die Überfallene geht zwar am nächsten Tag wieder zu ihrem Arbeitsplatz, aber bald „dreht sie durch“, kann es nicht mehr aushalten, verlässt den Supermarkt. Sie kann den Schock nicht überwinden, hat Angst – nicht nur wegen des Überfalls, sondern auch Angst um ihren Arbeitsplatz. Im Familienkreis findet sie zudem kaum eine Stütze. „Hab“ dich doch nicht so“, sagt ihr Ehemann. „Wir versuchen in solchen Fällen, die Lebenssituation der Opfer zu stabilisieren“, sagt Rosemarie Priet. Dazu gehören regelmäßige psychologische Beratungen, aber auch ganz praktische Dinge. Im Fall der ausgeraubten Kassiererin ist das zum Beispiel der Rat, zu einem Arzt zu gehen. Oft hilft nur die Krankschreibung, um wieder das innere Gleichgewicht zu finden, um wieder so zu sein, wie man vor der Tat war. Bei der Kassiererin, die anfangs nicht glaubte, dass der Überfall so schwer wiegende Folgen haben könnte, dauerte es sehr lange. Es war sogar notwendig, den Arbeitsplatz zu wechseln. Schlaflosigkeit, Alpträume, grundloses Weinen und Angst, die Wohnung zu verlassen – das seien typische Hinweise auf ein Trauma nachdem jemand Opfer einer Straftat wurde. „Wir bemühen uns dann, die äußere Situation so zu gestalten, dass zum Beispiel die Angst vor der Bedrohung nachlässt“, berichtet die Psychologin. Schutz vor dem Täter gehöre ebenso dazu wie Gespräche mit den Angehörigen, um vielleicht ganz kleine praktische Hilfen zu geben. „Stress abbauen und Ruhezeiten schaffen“, nennt Priet unter anderem als Rezept. Die Opferberatung in Potsdam, die eng mit der Polizei, mit dem Weißen Ring und mit anderen einschlägigen Organisationen zusammenarbeitet, kann die Arbeit „mit einer halben Stelle“, wie Frau Priet sagt, kaum bewältigen. Zwanzig Klienten berät die Psychologen zurzeit regelmäßig. „Ich bin bis zum Rand ausgelastet“, sagt sie. Das Geld im Verein sei knapp, jedes Jahr müsse die Fortexistenz beim Justizministerium beantragt werden. Aus Lottomitteln gebe es Zuwendungen, um die Beratungsstelle aufrecht zu erhalten. Siebzig Prozent der Beratungen betreffen Frauen, zirka 15 Prozent Asylbewerber. Bei Männern sei die Hürde, einen Beratung aufzusuchen, höher als bei Frauen, erklärt Priet den großen Frauenanteil. Vor allem Schwarzafrikaner seien häufig Straftaten ausgesetzt. Oft müsse in solchen Fällen die Verlegung in ein anderes Asylbewerberheim betrieben werden. „In diesem Falle verfassen wir als Opferberatung eine Stellungnahme, um die Verlegung in ein anderes Heim zu unterstützen.“G. Schenke Kontakt über Tel.: (0331)2802725.
G. Schenke
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