zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Hilfe suchen bei häuslicher Gewalt

Seit gestern flattert die blaue Fahne von terres des femmes vor dem Rathaus und benennt das Problem

Stand:

„Frei leben ohne Gewalt“ – seit gestern flattert das blaue Banner der internationalen Frauenrechtsorganisation terres des femmes vor dem Rathaus. Eine Woche lang soll es dafür sensibilisieren, dass es noch immer viel zu viel häusliche Gewalt an Frauen und Kindern gibt, dass sie aber nicht hingenommen werden muss. Potsdam machte mit dem Fahnehissen gleichzeitig auf den Aktionstag „Nein – Gegen Gewalt an Frauen“ am 25. November aufmerksam und leitete eine Fachtagung ein, zu der die Gleichstellungsbeauftragte der Landeshauptstadt Sabina Scheuerer eingeladen hatte. Thema: „Gewalt in der Partnerschaft und die Kinder?“ Prof. Dr. Barbara Kavemann erläuterte in einem umfassenden Vortrag, wie sich Partnergewalt auf Kinder in der Familie auswirkt und es gab Kurzvorträge von Polizei, Jugendamt, einer Rechtsanwältin und vom Autonomen Frauenzentrum in Potsdam.

Laut Polizeistatistik richtet sich häusliche Gewalt zu 67 Prozent gegen Frauen und zu 15,6 Prozent gegen Kinder. Selbst wenn Männer der leidtragende Teil sind, wehren sich die Frauen manchmal nur, weil sie oft schon viel zu viel weggesteckt haben. Die Anzeigen von häuslicher Gewalt bewegten sich in einer Wellenlinie mal nach oben, mal nach unten, erklärte Kriminaloberkommissar und Opferschutzbeauftragter bei der Polizei, Olaf Diehl, gestern anlässlich des Aktionstages gegen Gewalt an Frauen. Er machte verstärkte oder nachlassende Aufklärung dafür verantwortlich: Rücke das Thema ins Bewusstsein, nähmen Anzeigen und Anrufe bei der Polizei zu. 2005 habe es 194 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt gegeben, im Vorjahr waren es 100 und in diesem wieder 192, führte er aus. Und Kriminalkommissarin Nadine Paul, die sich im Kommissariat Leben und Gesundheit intensiv für Frauenrechte einsetzt, erläuterte, dass den Opfern immer wieder Ansprechpartner und Einrichtungen empfohlen werden, die ihnen weiterhelfen können.

Auf die Möglichkeiten, vieler unterschiedlicher Hilfsangebote machte auch Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller aufmerksam. Man müsse loskommen, von dem Stigma, die Verwaltung wolle sich unbefugt in interne Familienangelegenheiten einmischen. „Wir wollen vielmehr erreichen, dass Hilfen frühzeitig in Anspruch genommen werden. Dazu solle auch eine stärkere Vernetzung von Angeboten in den Sozialräumen der Stadt beitragen.

Lydia Sandrock von der Frauen- und Mädchenberatungsstelle beim Autonomen Frauenzentrum bestätigte, dass gesamtdeutsche Angaben über häusliche Gewalt auch auf Potsdam zuträfen. Danach hat jede vierte Frau damit schon Bekanntschaft gemacht. Nicht immer muss es dabei zu einem Platzverweis für den Mann kommen. Der wurde nur in 31 schweren Fällen ausgesprochen, so Kriminalkommissarin Paul. Es sei sehr wichtig für Frauen, die unter häuslicher Gewalt litten, wenn sie Hilfe aus dem sozialen Umfeld bekämen. Wenn Freunde oder die Familie helfen würden, kämen sie leichter aus einer gewalttätigen Beziehung heraus, erklärte Sandrock. Prof. Kavemann machten darauf aufmerksam, dass Kinder in gewalttätigen Beziehungen fast immer etwas von den Auseinandersetzungen mitbekämen, auch wenn das manchmal nicht zu erkennen sei. Sie reagierten dann mit Alpträumen, Bettnässen oder Hyperaktivität. H. Dittfeld

H. Dittfeld

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })