Landeshauptstadt: Himmelsleiter zu toten Kindern
Gedenkgottesdienst der Krankenhausseelsorge in der Sternkirche
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Am Stern – Hand in Hand schreitet das junge Paar zum Altar, nimmt aus der Hand der Pfarrerin eine brennende Kerze entgegen und stellt sie zu einem Papier-Engel, der auf der Sprosse einer Holzleiter steht. Am Ende sind es 25 leuchtende Kerzen und Engel für verstorbene Kinder, deren die Angehörigen am Sonnabendnachmittag in dieser Art in der Sternkirche gedachten.
Die Krankenhausseelsorge mit den beiden Pfarrerinnen Beate Grümmer und Cornelia Behrmann lud zum zweiten Mal zu einem Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder ein. Gekommen waren zwanzig Erwachsene und zehn Kinder – Eltern, Angehörige und Weggefährten, die um ein Kind trauern, sei es durch Sterben im Mutterleib, im Kindesalter oder im jungen Erwachsenenalter. Bei diesem Gedenken blieben manchmal Tränen nicht aus, wenn auch die anwesenden Kinder durch Zwischenrufe und andere Lautäußerungen die Traueratmosphäre auflockerten.
Die neben dem Altar aufgestellte Holzleiter nimmt Bezug auf die biblische Erzählung im Ersten Buch Moses, nach dem Isaaks Sohn Jakob träumte, dass eine Leiter auf der Erde stand, deren Spitze den Himmel berührte: „Und siehe da, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder.“ Pfarrerin Beate Grümmer holte den Traum Jakobs gleichsam in die Wirklichkeit zurück, indem sie sagte: „Jeder braucht in der Stunde der Trauer einen Engel, der fragt: Warum weinst du?““ Alleinsein sei in dieser Situation das Schlimmste und so manch stumme Umarmung während des Kerzenanzündens ließ erkennen, wie wichtig das Zusammenhalten und gegenseitige Trösten ist. Jeder Mensch brauche in den quälenden Zeiten der Verzweiflung seine Engel, also andere Menschen, die ihm helfen, über diese Situation hinwegzukommen, so die Seelsorgerin. Grümmer, Krankenhausseelsorgerin im Klinikum Ernst von Bergmann, macht dort Angebote zur Trauerbegleitung für „verwaiste Eltern“. Trauergruppen für Eltern, die ihr Kind vor, während oder nach der Geburt verloren haben, treffen sich jeweils am ersten Mittwoch im Monat von 19 bis 21 Uhr im Ambulanten Hospizdienst, Karl-Liebknecht-Straße 28. Der Gedenkgottesdienst am Vorabend des Totensonntags ist etwas ganz Besonderes. „Wir stellen die Sternkirche hierfür zur Verfügung, weil die Räumlichkeiten eine so angenehme Atmosphäre bieten“, sagt Gemeindepfarrer Andreas Markert.
Die „Jakobsleiter“ mag als Symbol dafür stehen, dass die Trauernden die geistige Verbindung zu den verstorbenen Kindern nicht verloren haben und niemals verlieren. Zur Bestätigung dieser Unsterblichkeit schrieben die Angehörigen kleine Briefe an die Kinder, sprachen deren Namen und waren beim Singen und Schweigen in Gedanken bei ihnen. Und als eines der anwesenden Kinder nach dem Abschlusswort des Gebets laut fragte: „Was ist Amen?“ – war ein wenig von der Trauer einen Augenblick lang wie weggewischt. Günter Schenke
Günter Schenke
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