Von Günter Schenke: Historische Substanz in Gefahr
Diskussion der Architektenkammer am Luftschiffhafen / Geschäftsführer Klemund sagte überraschend ab
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Potsdam-West – Das ehemalige Verwaltungsgebäude aus der Luftschiffhafenzeit auf dem heutigen Sportpark an der Zeppelinstraße ist in Gefahr. Es handelt sich um eines der wenigen erhaltenen Bauwerke aus Zeppelin-Epoche. „Ich hoffe, dass das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wird, sein Abriss wäre eine Riesensauerei“, sagt Thomas Sander vom Verein „Architrav“. Im Auftrag der Brandenburgischen Architektenkammer führte Sander Donnerstagnachmittag über das Gelände. Der damalige Stadtgärtner Hans Kölle und sein Verwaltungskollege Stadtarchitekt Reinhold Mohr hatten nach der Luftschiffhafen-Ära in den zwanziger Jahren einen Land- und Wassersportplatz entworfen. Von ihren Schöpfungen ist nur wenig erhalten.
Das von Mohr gebaute Regattahaus, heute im Besitz der Landesbausparkasse (LBS), liegt weiter im Dornröschenschlaf. Die Fenster sind verklebt. Niemand darf hinein, um es zu besichtigen. „Wir wissen nicht, was die LBS vor hat“, sagt Sander. Der Konzertpavillon vis-á-vis direkt an der Havel ist bis auf wenige Reste zerfallen. Gartenhistoriker Clemens Alexander Wimmer beklagt, dass die von Kölle geschaffene Terrassenanlage nicht wieder hergestellt wird. Wie Gartendenkmalpfleger Felix Merk anhand historischer Fotografien erläutert, ist von Kölles Schöpfungen so gut wie nichts mehr vorhanden.
Um das expressionistische Regattahaus ranken sich viele Gerüchte. Vom geplanten Verkauf des gesamten der LBS gehörenden Geländes „bis zum Wasser“ ist die Rede und auch vom Umzug des Ruderklubs aus seinem Stammsitz am Seekrug, der letzten Schöpfung Mohrs.
Sander kritisiert weiter, dass ein Wohnhaus an der Zeppelinstraße, das älteste auf dem Luftschiffhafen-Areal aus dem Jahre 1860, abgerissen werden solle. „Ich habe es mir angesehen, es ist mit seiner Kelleranlage historisch wertvoll, mir ist einfach unverständlich, dass es weg soll.“
Als Störfaktor gilt offenbar auch die „Mauer“ an der Zeppelinstraße, die einst den zur „Villa Hagen“ gehörenden großen Park umfriedete. Die aus gelben und roten Klinkern erbaute und mit Keramik-Schmuck-Elementen versehene Mauer soll nach Meinung von Ludger Brands, Autor eines Masterplanes im Auftrage der Stadt, „durchbrochen“ oder durch einen schmiedeeisernen Zaun ersetzt werden. Nach Sanders Auffassung sollte das Bauwerk, das nicht nur mit Graffitis beschmiert, sondern an vielen Stellen stark beschädigt ist, erhalten bleiben und restauriert werden. Eine ähnliche wenn auch weniger kunstvoll gestaltete Mauer befindet im restaurierten Zustand am nahen Militärgeschichtlichen Forschungsamt.
Vollständig ungewiss ist die Zukunft der Villa Hagen, die der städtischen Gesellschaft Pro Potsdam gehört. Vor 1990 war darin eine Außenstelle des Bezirkskrankenhauses. Nach dem Masterplan von Brands soll das inzwischen durch Leerstand, Brand und Vandalismus verfallene Denkmal zwei Flügelbauten erhalten. „Wir warten auf eine sinnvolle Nutzung“, sagt der Architekt. Selbst kann er sich eine Verwendung als Schulungs- oder Weiterbildungseinrichtung vorstellen. Wimmer bedauert, dass ein Masterplan mit Flügelbauten aufgestellt werde, ohne vorher eine Analyse der historischen Parkanlage, die früher das gesamte Gelände bis zum Möbelhaus „Multipolster“ einschloss, angestellt wurde.
„Was ist das im Kern für ein Gebiet?“ fragt der Berliner Architekturkritiker Jürgen Tietz bewusst naiv. Brands tut sich mit der Antwort auf die an ihn gerichtete Frage schwer. „Das müssten Sie den Geschäftsführer der Luftschiffhafen GmbH fragen“, sagt er. Die GmbH gehört zur kommunalen Pro Potsdam GmbH. Doch dieser, Andreas Klemund, auf der Einladung der Architektenkammer angekündigt, hatte seine Teilnahme abgesagt.
Günter Schenke
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