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Sie muss draußen bleiben. Nicht die brandenburgische Landeserntekönigin Juliane Kussatz, sondern die prachtvolle Erntekrone. Denn die darf nicht mehr im Landtag hängen, weil das gegen den Brandschutz verstößt.

© Ralf Hirschberger/dpa

Posse im Potsdamer Landtag: Hoch entzündlich

Im Landtag herrscht strengster Brandschutz. Nun wurde sogar das Aufstellen der Erntekrone verboten.

Von Katharina Wiechers

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Potsdam - Es war schon eine gute Tradition geworden: Einige Tage nach dem Brandenburger Dorf- und Erntefest wurde die dort gekürte Erntekrone dem Landtagspräsidenten übergeben. Dieser ließ das aufwendige Geflecht dann in den Plenarsaal bringen und aufstellen. Meist etwa bis zum Jahresende stand die Krone dann dort, bis die Ähren sich lösten oder die Allergiker unter den Abgeordneten sich wegen juckender Nasen beschwerten. Doch in diesem Jahr wird zum ersten Mal mit dieser mittlerweile 20-jährigen Tradition gebrochen: Die Erntekrone darf nicht im Landtag aufgestellt werden. Der Baukonzern BAM Deutschland, der das Landtagsschloss betreibt, lässt dies aus Brandschutzgründen nicht zu.

Im Januar hatte der Landtag das alte Gebäude auf dem Brauhausberg verlassen und das wiederaufgebaute Stadtschloss am Alten Markt bezogen. Da dieses in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) errichtet wurde, liegt der Betrieb des Gebäudes in der Hand der BAM (siehe Kasten). Und diese nimmt es mit der Brandschutzverordnung offenbar sehr genau. So sind lediglich Ausschmückungen „aus mindestens schwerentflammbarem Material“ erlaubt, Pflanzenschmuck darf sich nur in frischen Zustand in den Räumen befinden – getrocknetes Getreide ist also tabu.

Wäre die Krone dennoch aufgestellt worden, hätte laut BAM eine brandschutztechnische Stellungnahme eingeholt werden sowie weitere Prüfungen erfolgen müssen – etwa 2800 Euro wären angefallen. Und auch wenn das Aufstellen der Erntekrone letztlich genehmigt worden wäre, wären weitere Kosten entstanden – zum Beispiel weil man zusätzliche Feuerlöscher angebracht oder den Rettungsweg geändert hätte. Sogar eine sogenannte Brandwache hätte angeordnet werden können – also eine Person, die rund um die Uhr aufpasst, dass die Ähren kein Feuer fangen.

Große Hürden, sodass man sich letztlich entschied, die Erntekrone dieses Jahr im Wirtschaftsministerium und nicht im Landtag auszustellen. Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) findet das entsetzlich: „Die BAM lässt der Bürokratie freien Lauf“, sagte er bei der Übergabe der Krone am Montag. Wie in den kommenden Jahren damit umgegangen werde, müsse noch im Präsidium geklärt werden. Eines sei aber klar, stellte Fritsch fest: „Es gibt ja leider keine Möglichkeit, feuerfeste Erntekronen zu binden.“

Es ist nicht das erste Mal, dass der Brandschutz zu erheblichem Mehraufwand im neuen Landtagsschloss führt. So durfte das Gebäude deshalb am Eröffnungswochenende nur von einer begrenzten Anzahl von Menschen gleichzeitig betreten werden, weshalb zeitlich limitierte Tickets ausgegeben werden mussten. Zudem muss jede Veranstaltung, die abseits der turnusmäßigen Plenar- und Ausschusssitzungen im Landtagsschloss durchgeführt wird, eigens beantragt werden. Sind zum Beispiel mehr Menschen anwesend als in der Brandschutzverordnung vorgesehen, muss auch in solchen Fällen Brandwache geschoben werden.

In der Zentrale von BAM Deutschland in Stuttgart hieß es am Montag: „Es ist in dieser Angelegenheit noch keine endgültige Entscheidung gefallen“, sagte eine Sprecherin. „ Wir sind an einer für alle Seiten zufriedenstellenden Lösung interessiert.“

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