Von Günter Schenke: Hohe Mieten, leere Läden, Streit um Konzepte
Babelsberger SPD-Ortsverein informierte über Wohnen und Einzelhandel
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Babelsberg – In den letzten zehn Jahren hat die Einwohnerzahl von Babelsberg um über 3000 zugenommen. Am stärksten ist der Zuwachs in Babelsberg Nord. Im Jahr 1998 lebten hier 3 652 Bewohner, nach der letzten Zählung im vorigen Jahr waren es 5 402. Diese Zahl nannte Stadtkontor-Chef Rainer Baatz Donnerstagabend auf einer öffentlichen Versammlung des SPD-Ortsvereins im Rathaus Babelsberg. Wie bei einem schnell wachsenden Kind, das laufend neue Kleidung brauche, müsse die Infrastruktur im Stadtteil mitwachsen. „Das Angebot an preiswerten Wohnungen wird langsam knapp“, benannte Baatz eines der schärfsten Probleme vor den rund 30 Zuhörern. Der Stadtkontor-Chef, seit über zehn Jahren für die Sanierung zuständig, beklagte fehlende Möglichkeiten zur Wohnungsbauförderung. Nur 380 Wohnungen hätten eine Sozialbindung, 80 davon in Verwaltung der Stadtkontor GmbH. Sowohl Singles, die eine kleine Wohnung suchen, als auch Familien mit zwei und mehr Kindern, die eine größere Wohnung brauchen, hätten es schwer.
Die Genossenschaften und Wohnungsunternehmen versuchen gegenzusteuern. Thomas Nolte, verantwortlich für Entwicklung und Neubau bei der Pro Potsdam GmbH, verwies auf 14 Wohnungen, welche die Gesellschaft in der Paul-Neumann-Straße im Juni fertig stellt, weitere Neubauvorhaben seien in der Glasmeister- und Wollestraße in Vorbereitung. Dazu käme die Sanierung des rund 1500 Wohnungen umfassenden Bestandes. In den nächsten zwei Jahren solle die Sanierung geschafft sein. Aus dem Publikum war von Leerständen wegen maroder Bausubstanz die Rede, den Nolte jedoch bestritt.
Baatz kann auf einen Sanierungsstand von 85 Prozent verweisen, sagte jedoch auch: „Es ist uns nicht gelungen, das Stadtteilzentrum zu stärken.“ Es gebe erhebliche Laden-Leerstände, und das Potenzial des Weberparks sei bei weitem nicht ausgeschöpft. Matthias Müller von der Aktionsgemeinschaft Babelsberg: „Die Geschäftsleute können die hohen Mieten nicht erwirtschaften, deshalb stehen die Läden leer.“ Der Babelsberger Einzelhandel sei dem Druck des Stern-Centers und der Bahnhofspassagen ausgesetzt. Bei einer Erweiterung der dortigen Verkaufsflächen werde die Lage noch ernster. „Wir brauchen einen Magneten in Babelsberg“. Doch hierfür gebe es kaum Flächen. Das Einzelhandelskonzept habe als einziges Potenzial den Bereich zwischen der Ecke Rudolf-Breitscheid-Straße und Voltastraße ausgemacht. Dort befinden sich die Post mit dem einstigen Paketzentrum und das Backsteingebäude der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS).
Der Inhaber der Lindenapotheke Hartmut Kulka hat mit dem Berliner Innenarchitekten Thomas Schmidt Pläne für ein Einzelhandelszentrum ausgearbeitet (PNN berichteten). Kulka sähe es auch gern, wenn sich in Nachbarschaft seiner Apotheke Arzt- und Physiotherapiepraxen ansiedeln würden. Als Standort hat er das angrenzende Sparkassengebäude vorgesehen. Hier will sich die MBS nach Aufgabe ihres jetzigen Sitzes im Weberpark wieder einmieten. Das ihr früher gehörende Grundstück hat sie im Herbst 2009 an die Firma Kirsch & Drechsler verkauft, die auf dem Gelände auch Wohnungen plant. Kulka setzt auf ein „Rücktrittsrecht“ vom Kauf, wenn die Entwicklung der Immobilie nicht bis Ende des Jahres auf den Weg gebracht ist. Unterstützung bekommen die Babelsberger Händler auch von den Potsdamer Grünen. In einer Erklärung forderten die Grünen, unbedingt am Einzelhandelskonzept festzuhalten.
Einige der Anwesenden bezeichneten am Donnerstag die Pläne für ein Einkaufszentrum als „vage“ oder „wenig Erfolg versprechend“. Weder sei klar, was dort angeboten werden solle, noch seien Investoren bekannt. Zwar hätten die Stadtverordneten im November die Aufstellung einen Bebauungsplanes beschlossen, doch gab es bisher noch nicht einmal die erste Bürgerbeteiligung. Rolf Kutzmutz (Die Linke), als Gast anwesend, sagt daher voraus: „Es wird ein langer Weg“.
Günter Schenke
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