Aus dem GERICHTSSAAL: Hohe Strafen für Todesfahrer gefordert
Staatsanwalt beantragte sechs Jahre, neun Monate
Stand:
Im Prozess um den tödlichen Unfall in der Maulbeerallee in der Nacht zum 26. Februar 2005 wurden gestern vor dem Landgericht die Plädoyers gehalten. Staatsanwalt Ralf Menger beantragte, den unter anderem wegen Raubes, zahlreichen Diebstählen, Alkoholfahrten sowie Freiheitsberaubung vorbestraften Reno G. (26) wegen Diebstahls im besonders schweren Fall, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Straßenverkehrsgefährdung, fahrlässiger Tötung sowie unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten zu verurteilen.
Der arbeitslose Alkoholiker hatte am Abend des 25. Februar dieses Jahres – betrunken und im Beisein seiner minderjährigen Freundin – zielgerichtet einen Opel Kadett Am Alten Rad gestohlen und kurzgeschlossen. Wenig später war er mit dem Mädchen auf dem Beifahrersitz in Richtung Innenstadt gerast. In der Maulbeerallee erfasste er ungebremst die auf ihrem ordnungsgemäß beleuchteten Rad fahrende 20-jährige Helen A. Die Studentin wurde über das Fahrzeug geschleudert. Sie erlitt schwerste Kopfverletzungen, an denen sie wenige Tage später verstarb. Der Unfallverursacher und seine Beifahrerin flüchteten zu Fuß. (PNN berichteten.)
Wäre der Angeklagte – wie an dieser Stelle vorgeschrieben – mit 30 Stundenkilometern unterwegs gewesen, hätte der Unfall vermieden werden können, führte der Staatsanwalt aus. Doch Reno G. reagierte weder auf die Hinweise seiner Freundin, langsamer zu fahren noch auf die Warnung, dass sich vor ihnen zwei Radfahrer befinden. „Der Angeklagte, der noch nie im Leben eine Fahrerlaubnis besaß, hatte zur Tatzeit über zwei Promille. Er war offenbar überhaupt nicht in der Lage, ein Fahrzeug sicher zu führen und adäquat auf Gefahrensituationen zu reagieren“, so Menger. Nach dem Unfall habe Reno G. allerdings sehr zielgerichtet gehandelt und seine Freundin instruiert, was sie der Polizei sagen solle, falls sie erwischt würden.
Die Eltern des getöteten Mädchens traten im Prozess als Nebenkläger auf. Ihre Anwälte plädierten auf eine Freiheitsstrafe nicht unter siebeneinhalb Jahren.
Diese Tat sei der negative Höhepunkt in der Entwicklung seines Mandanten gewesen, betonte Verteidiger Bodo Zielonka. Allerdings müsse man dessen Entwicklung berücksichtigen. Reno G., der seit seinem elften Lebensjahr Alkohol konsumiert, habe es in seiner Kindheit nie gelernt, soziale Normen zu verinnerlichen. Zielonka sprach von einer „deformierten Persönlichkeitsstruktur“ des Potsdamers und erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit zum Unfallzeitpunkt. Eine Gesamtstrafe von sechs Jahren sei aus Sicht der Verteidigung angemessen. Das Urteil ergeht am Freitag. Hoga
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