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Landeshauptstadt: Hotel mit Straßentunnel

Erweiterungsbau birgt Überraschungen

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Erweiterungsbau birgt Überraschungen Von Erhart Hohenstein Der schlicht-moderne Erweiterungsbau des Hotels am Griebnitzsee birgt so manche Überraschung. Dem Architekten Rudolf Böttcher bereitete es sichtlich Freude, sie seinem Publikum nahe zu bringen. Das Haus stand wie fünf weitere Potsdamer Bauten am gestrigen „Tag der Architektur“ zur Besichtigung offen. Da erhebt sich zunächst die Frage, warum man ein Hotel durch ein Bettenhaus erweitert, das auf der anderen Straßenseite liegt. Für die Seeseite, erläuterte der Berliner Architekt, habe es keine Baugenehmigung gegeben, weil so Sichten aufs Wasser verstellt worden wären. Böttcher schluckte auch die Kröte, dass er auf das für den Neubau geplante Mansardgeschoss wegen der Höhenbegrenzung verzichten musste. Er lamentierte jedoch nicht, sondern suchte und fand neue Lösungen. Das Gebäude hat er so geschickt gestellt, dass man von vielen der 48 Zimmer über die Straße hinweg doch einen Zipfel Griebnitzsee erblickt. Doppelfenster, in die eine Jalousie gezogen ist, lassen keinen Lärm eindringen, weder von der Straße noch von der S-Bahnstrecke hinter dem Haus. Clou ist aber der Tunnel, der die Straße unterquert und den alten, kurz nach der Wende errichteten Teil des Hotels mit dem neuen, 2003 fertiggestellten verbindet. Wegen der im Erdreich verlaufenden Leitungen, die nicht entfernt werden konnten, haben die paar Meter Strecke verschiedene Höhen, was sogar den Einbau eines Aufzugs für Behinderte und für Lasten erforderte. Durch eine Licht durchflutete Glasskulptur wird dem Raum der Tunnelcharakter genommen. Dafür wurde mit dem Österreicher Prof. Dietmar Tanterl ein international renommierter Künstler gewonnen. Überhaupt hat der Bauherr, die Seminaris-Kette, für die Innenausstattung tief in die Tasche gegriffen. So hängen in den Zimmern nicht die üblichen Lichtdrucke. Vielmehr wurde die Malerin und Sprayerin Prof. Katharina Grosse beauftragt, mit ihrer Meisterklasse an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee für jedes ein originales Kunstwerk zu schaffen. „Mal sehen, was aus den Studenten wird und was einige ihrer Bilder hier in zehn Jahren wert sind“, sinnierte Böttcher während des Rundgangs. Hoteldirektor Peter Windhagen drückte zudem jedem der zahlreichen Besucher ein Heft in die Hand, in dem ein fiktiver „Krimi“ die Kunstwerke vorstellt. Höhepunkt ist im Restaurant eine großformatige Arbeit der Meisterin Katharina Grosse höchstpersönlich, mit Acryl auf Büttenstreifen gemalte Strukturen. Architekt Böttcher, dessen Büro u.a. durch den Bahnhof Wilhelmshöhe in Kassel bekannt geworden ist und der auch am Potsdamer Kirchsteigfeld gebaut hat, beendete die Führung im älteren Teil des Hotels. Hier hat er Nebenräume zu einem Seminartrakt ausgebaut, der fast in Wasserspiegelhöhe am Griebnitzsee liegt. Auf der Seeterrasse aßen gerade einige Gäste zu Mittag. Sie erreichen ihre Plätze nun nicht mehr durchs Hotel, sondern über eine seitlich am Haupthaus hinunter führende Freitreppe - wie der Verbindungstunnel eine der ungewöhnlichen Lösungen, für die laut Böttcher das Entgegenkommen der Baubehörden eine Voraussetzung war.

Erhart Hohenstein

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