Links und rechts der Langen Brücke: Hüllen füllen
Michael Erbach über den weiteren Umgang mit der Soziokultur
Stand:
Eine jungsteinzeitliche Kultstätte aus der Zeit von 3500 Jahren vor Christus soll zur Kultstätte neuzeitlicher Kulturbegeisterter werden. Gemeint ist die Schiffbauergasse, in der in dieser Woche das Zentrum für Kunst und Soziokultur offiziell seiner Bestimmung übergeben wurde. Rund 20 Millionen Euro wurden in ein Gelände investiert, dass ungenutzte Kasernen, eine Gasanstalt und eine Mühle zu bieten hatte – und nach der Wende von Besetzern zu kulturellem Leben erweckt wurde. Im Gegensatz zu den 90er Jahren wirkt das Gelände heute irgendwie steril, einstige Spontaneität scheint jetzt hinter Glas und Beton verbannt. Doch jedes Haus hat seine Mieter, die ein wirkliches Juwel in den Händen halten und alle Chancen haben, das Beste daraus zu machen. Die dringend notwendigen baulichen Voraussetzungen sind geschaffen – doch nach der tollen Feier folgen nun die Mühen der Ebenen. Jetzt nämlich gilt es, den gewünschten und von den Trägern gewollten kreativen Kunst- und Kulturbetrieb mit seiner sozialen Komponente abzusichern. Dabei sind zwei Dinge wichtig. Zum einen muss der Geldfluss in die Vereine verstetigt und Planungssicherheit hergestellt werden. Dabei darf die Stadt nicht allein gelassen werden. Die Tatsache, dass die fünf Millionen Euro Landesgelder aus dem Hauptstadtvertrag derzeit fast ausschließlich nur für investive Ausgaben genutzt werden können, sollte nach der Errichtung des Landtages unbedingt auf den Prüfstand. Und es muss dafür Sorge getragen werden, dass die kulturellen Träger professionelle Begleitung bei ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit erfahren. Die Insolvenz des Waschhauses muss eine Warnung sein. Interessanterweise haben sich fast alle Parteien in ihren Wahlprogrammen dazu bekannt, dass Soziokultur in Potsdam finanziell auf stabile Füße gestellt werden soll. Diese Große Koalition sollte nach der Kommunalwahl doch in der Lage sein, die entsprechenden nachhaltigen Beschlüsse zu fassen. Allerdings darf dabei eines nicht geschehen: Finanzielle Mittel als Druckmittel zu benutzen, um auf Inhalte Einfluss zu nehmen. Damit würde der letzte Rest einstiger Spontaneität in der Schiffbauergasse zu Grabe getragen.
Michael Erbach
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