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Landeshauptstadt: Hund telefonierte mit der Wohnungsgesellschaft

Auseinandersetzung um ständig bellenden Vierbeiner eskalierte/Angeklagter bestreitet massive Gewalt gegen Wohnungstür/Inzwischen zog Frieden ein

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Auseinandersetzung um ständig bellenden Vierbeiner eskalierte/Angeklagter bestreitet massive Gewalt gegen Wohnungstür/Inzwischen zog Frieden ein AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Sie lieben sich nicht gerade, doch inzwischen grüßen sie sich ganz normal – Jan G.* (32) und sein Wohnungsnachbar Armin W.* (72). Im Sommer vorigen Jahres war das Verhältnis zwischen den beiden Herren noch gespannt. Jan G. – soeben mit Lebensgefährtin, kleinem Sohn und betagtem Hund in die neue Bleibe in Potsdam-West eingezogen – glaubte sich von dem Älteren zu Unrecht gemaßregelt. Der Vierbeiner fühlte sich in der neuen Umgebung fremd, bellte laut und anhaltend, sobald er alleine war. Das störte den Rentner und dessen Ehefrau, die damals bei schlechter Gesundheit war. „Anfang August sagte ich der Freundin von Herrn G., ich würde die Wohnungsgesellschaft informieren, wenn das Bellen nicht aufhöre“, berichtet Armin W. im Zeugenstand. Da die Lärmbelästigung weiter anhielt, rief er den Vermieter an. „Ich hielt den Hörer so, dass der Gesprächsteilnehmer am anderen Ende der Leitung den Hund kläffen hörte“, so der Pensionär. Jan G. erhielt daraufhin eine Abmahnung. Später beschwerte sich eine weitere Hausbewohnerin bei der Gesellschaft. Am 25. August folgte die zweite Abmahnung, diesmal mit der Androhung, der Potsdamer müsse das Tier abschaffen, falls sich nichts ändere. „An diesem Tag klingelte Herr G. erst an der Haustür und sagte: Komm raus, du Stasi-Schwein. Du bist doch der, der sich über meinen Hund beschwert hat. Ich haue dir ein paar in die Fresse. Dann schellte er an meiner Wohnungstür“, erinnert sich der ehemals Genervte. Da Jan B. zudem mit der Faust heftig gegen die Tür donnerte, habe er die Polizei gerufen. Wenig später habe sich sein erregter und angetrunkener Nachbar beruhigt, sich sogar entschuldigt. „Aber die Tür war kaputt und musste ausgewechselt werden.“ Bis auf ein kleines Malheur, das der Vierbeiner einmal im Flur hinterließ, habe er sich danach nicht mehr über ihn ärgern müssen, erzählt Armin W. Jan G. – angeklagt wegen Sachbeschädigung – hält es kaum noch auf der Anklagebank. Heftig schüttelt er den Kopf, fällt seinem Nachbarn mehrfach ins Wort. Die Vorsitzende Richterin Judith Janik mahnt ihn energisch zur Ruhe. „Sie müssten doch eigentlich wissen, wie es bei Gericht zugeht.“ In der Tat scheint die Anklagebank fast Stammplatz des arbeitslosen Gerüstbauers zu sein. Zehn Eintragungen enthält sein Bundeszentralregister-Auszug, u. a. wegen mehrfacher gefährlicher Körperverletzung, gemeinschaftlicher Sachbeschädigung, schweren Landfriedensbruchs, Widerstandes gegen Polizeibeamte sowie unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Hunden. Die letzte Straftat liegt allerdings schon drei Jahre zurück. „Ich hatte Frust, weil der Hund weg sollte. Den würde ich nie hergeben, der ist schon 14 Jahre. Außerdem war ich ziemlich betrunken“, gesteht Jan G. „Aber ich habe nicht mit der Faust gegen die Tür gedroschen. Und ich habe auch niemanden beleidigt.“ Die Lebensgefährtin bestätigt im Zeugenstand, ihr Freund sei schon etwas laut gewesen, als er Einlass bei dem Nachbarn begehrte. „Ich glaube auch, dass er mit den Fäusten an die Tür gehämmert hat.“ Angesichts der erheblichen Vorstrafenzahl bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung, erklärt die Staatsanwältin, hält eine „erhöhte Geldstrafe“ allerdings noch für ausreichend. Das sieht auch das Gericht so. Das Urteil: 90 Tagessätze a 12 Euro. (*Namen geändert.)

Gabriele Hohenstein

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