Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich bin nicht gefahren!“
Zeuge identifiziert vermeintlichen Verkehrsrowdy
Stand:
Der Busfahrer ist sich „zu 90 Prozent“ sicher: Moritz M.* (24) auf der Anklagebank ist jener Verkehrsrowdy, der ihn vor dem Stern-Center zur Notbremsung zwang, in deren Folge etliche Fahrgäste „durcheinander fielen“, eine Frau sich am Knie verletzte. Der Potsdamer bestreitet, am 12. Oktober vorigen Jahres am Steuer des schwarzen Golf gesessen zu haben. „Ich war lediglich Beifahrer“, beteuert Moritz M. Doch Enrico P. (30) – er lenkte an jenem Tag den Bus der Linie 690 – betont: „Auf dem Beifahrersitz befand sich eindeutig eine Frau. Ich fuhr aus der Parktasche auf die Straße, als ein Pkw an mir vorbeigeschossen kam, sich schlagartig vor mich setzte, danach stark abbremste. Ich ging ebenfalls in die Eisen. Da dachte ich noch, der Fahrer hätte den Linienbus vielleicht übersehen.“
Wenig später habe sich das Gleiche wiederholt. Diesmal habe der Fahrer des Golf mit dem Aufkleber „Jeder gegen jeden“ auf der Heckklappe bis zum Stillstand abgebremst. „Dabei schaute er nach hinten und grinste. Dann gab er wieder Gas. Ich vermute, er wollte einen Auffahrunfall provozieren.“ Den drohenden Crash habe er nur durch eine Gefahrenbremsung verhindern können, so der Busfahrer. „Nachdem ich mich um meine Fahrgäste gekümmert hatte, informierte ich die Leitstelle von dem Vorfall.“
Moritz M. – angeklagt wegen Nötigung im Straßenverkehr in zwei Fällen – berichtet: „Ich hatte mir den Golf an diesem Tag von einem Kumpel geborgt. Der hatte ausdrücklich verboten, jemand anderen damit fahren zu lassen.“ Dann habe er allerdings zwei Bier getrunken, deshalb einen Bekannten gebeten, sich auf der Tour zum Stern-Center ans Steuer zu setzen. „Wie heißt der Bekannte? Wo wohnt er?“, fasst der Staatsanwalt nach. Moritz M. druckst herum, gibt dann den Namen Clemens C. preis. „Der ist genauso alt wie ich und wohnt in Potsdam-West.“ Allerdings – so der vermeintlich zu Unrecht Angeklagte – habe sich Clemens C. keinesfalls rüpelhaft am Steuer verhalten. „Wir fuhren auf der rechten Spur. Ungefähr 15 bis 20 Meter hinter uns befand sich ein Linienbus. Dessen Fahrer gab fünf- oder sechsmal Lichthupe. Wir dachten, irgendetwas sei mit dem Auto nicht in Ordnung. Deshalb hat Clemens kurz angehalten, dann ist er aber gleich weitergefahren.“ An einen zweiten Vorfall könne er sich nicht erinnern, erklärt Moritz M.
„Wir werden diesen Clemens C. als Zeugen laden“, beschließt Amtsrichterin Reinhild Ahle und unterbricht die Verhandlung bis zum 18. März. „Sie müssen dann auch noch einmal kommen“, wendet sie sich an den Busfahrer. Es sei ja möglich, dass er den Überraschungszeugen mit 100-prozentiger Sicherheit als Fahrer erkennt. (*Namen geändert.) Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: