Interview: „Ich dachte, dass die Stadt gelernt hat“
Oberbürgermeister Jann Jakobs erklärt, wie Potsdam Hasso Plattner verprellt hat, welche Probleme die Stadt mit großen Projekten hat und welche Zukunft er für das Hotel Mercure sieht
Stand:
Herr Jakobs, Hasso Plattner wird seine Kunsthalle nicht in der Potsdamer Mitte bauen. Eine Niederlage, die noch lange weit über die Stadtgrenzen hinaus negativ wirken wird, befürchten viele.
Es werden viele sagen, diese Stadt zerredet alle möglichen Vorhaben. Und es ist nicht gerade imageträchtig, jemanden wie Hasso Plattner zu verprellen. Aber man muss auch das Positive sehen: Plattner bleibt in Potsdam, er baut die Kunsthalle am Jungfernsee
Was ist Potsdams Problem – ist diese Stadt voller Betonköpfe?
Die Diskussion über Vor- und Nachteile eines Standorts ist nichts Negatives. Aber wenn eine Gemengelage entsteht, bei der Menschen, die eine gefühlsmäßige Bindung zu diesem Hotel haben, sich vermischen mit klaren politischen Ambitionen, wie sie die Linke formuliert, und sich das wiederum verknüpft mit selbsternannten Architekturkritikern und Wettbewerbshütern, dann ist das schwierig. Es führt dazu, dass Leute sagen: Das muss ich mir nicht antun. Das muss ich auch nicht aushalten.
Welche Erklärung haben Sie für die Ablehnung des Hotel-Abrisses?
Es gibt Menschen, die eine emotionale Bindung zu dem Bau haben und ihn behalten wollen. Das soll man nicht klein reden. Auch haben wir bisher die Zukunft des Hotels bei der Debatte um die Entwicklung der Mitte ausgeklammert – einfach weil es unvorstellbar war, dass es eine Lösung geben könnte. Daher hat es viele vielleicht unvorbereitet getroffen. Doch umso größer ist die Verantwortung der Politik und Meinungsmacher. Jeder, der sagt, dass das Hotel bleiben soll, muss damit auch die Perspektive verbinden. Es gibt aber keine.
Die Gegner des Mercure-Abrisses werfen Ihnen vor, unlauter die Kunsthalle mit dem Hotelbau verknüpft und Plattner dann im Sturm stehen gelassen zu haben.
Mir war klar, dass es um das Mercure kontroverse Debatten geben würde. Aber ich habe gedacht, dass damit verantwortlicher umgegangen wird, dass diese Stadt aus der Vergangenheit gelernt hat. Offensichtlich ist das nicht der Fall. Ich habe Hasso Plattner auch immer wieder gesagt, dass es Kontroversen geben wird. Außerdem: Ich habe ihn nicht vor meinen Karren gespannt. Über den Standort haben wir gemeinsam entschieden. Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, über die Zukunft des Mercure zu entscheiden. Jene, die sich dagegen aussprechen, werden in drei oder vier Jahren erklären müssen, warum in der Mitte Potsdams ein unansehnliches Gebäude steht, in das kein Euro mehr investiert wird und dort auch nicht hinpasst.
Warum haben Sie sich nicht mit breiter Brust vor Hasso Plattner gestellt und sind deutlicher für den Abriss, für den es ja eine politische Mehrheit im Stadtparlament gibt, eingetreten?
Ich habe meine Position sehr deutlich formuliert und alles unternommen, um die Schwierigkeiten – beispielsweise mit der Weißen Flotte – zu lösen. Ich wüsste nicht, wo man mir Vorwürfe machen könnte.
Gab es einen Punkt, an dem Sie nicht weitergehen wollten, weil die Stadt sonst über die Maßen gespalten würde?
Wir in Potsdam klammern manche Dinge aus, weil wir ein negatives Klima für die Stadt befürchten. Aber wir sind manchmal zu zurückhaltend. Manche Diskussionen müssen sein, und dazu gehört die um das Hotel Mercure. Sie muss jetzt weitergeführt werden. Ich möchte das Thema aufgearbeitet haben.
Also ein paar Jahre Diskussion und zum Ende eine Bürgerbefragung, weil die Stadtpolitik sich wieder nicht entscheiden kann?
Eine Bürgerbefragung? Erhalt oder Abriss stehen nicht zur Debatte, solange wir nicht fragen, ob wir das Geld zum Kauf und Abriss aus dem städtischen Haushalt nehmen sollen. Aber das könnten wir nicht bezahlen.
Werden Sie versuchen, Plattner zu überzeugen, in die Mitte zurückzukehren?
Nein.
Was würde passieren, wenn es einen anderen Käufer für das Hotel gäbe: Könnte er abreißen und etwas Neues bauen?
In der Kubatur des jetzigen Gebäudes dürfte neu gebaut werden.
Wie geht es mit der Weißen Flotte weiter?
Die Weisse Flotte wird aus dem jetzigen Standort unterhalb des Hotels ausziehen und ein neues Domizil im Lustgarten beziehen. Die Stadt übernimmt einen Teil der Planungskosten für das jetzt nicht mehr benötigte Hafengebäude. Die Verträge sind in Arbeit.
Das Interview führte Sabine Schicketanz
Jann Jakobs (58) ist seit November 2002 Potsdams Oberbürgermeister. 2010 wurde er wiedergewählt. Jakobs hat sich bereits vor zwei Jahren für den Mercure-Abriss ausgesprochen.
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