Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich dachte, die wollen mich lynchen!“ Unfallflucht am Alten Rad? / 1000 Euro Buße
Eigentlich wollte Julian J.* (21) am 13.
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Eigentlich wollte Julian J.* (21) am 13. Juni vorigen Jahres seinem Kumpel Robert R. * nur einen Gefallen tun. Wenig später befand sich der künftige Azubi nach eigenen Angaben in einem wahren Alptraum, glaubte ernsthaft an Lynchjustiz. Und das in der beschaulichen Siedlung Altes Rad im Ortsteil Eiche. Jetzt sitzt er gar wegen Unfallflucht auf der Anklagebank.
Robert hatte Julian gebeten, seinen bejahrten Opel in eine Werkstatt zu fahren, damit er dort auf Vordermann gebracht wird. Schließlich wollte seine Schwester damit nach Norwegen. Julian holte das Auto spätabends ab, um es dann vor dem Haus seiner Eltern, wo er damals noch wohnte, zu parken. Plötzlich gab es einen Knall. Ein Reifen des Gefährts war geplatzt. Julian J. verlor die Kontrolle über den Wagen, krachte am Eichenring in einen am Straßenrand abgestellten Volkswagen. Der war damals 4300 Euro wert und nach dem Crash nur noch Schrott. Julian J. war geschockt. Er stieg aus, lief zur elterlichen Wohnung, um zu berichten, was passiert war. „Es war mein erster Unfall“, so der Angeklagte. Die Mutter riet, er möge auf den Vater warten und zunächst versuchen, das ungünstig stehende Auto des Kumpels ordentlich abzustellen. „Ich versuchte es, aber das war schwierig, weil die Achse gebrochen war“, erinnert sich der bislang Unbescholtene. In der Zwischenzeit hätten sich immer mehr Schaulustige auf der Straße versammelt. „So viele Leute habe ich am Alten Rad überhaupt noch nicht gesehen. Die haben das Auto umzingelt, draufgeschlagen und an den Türen gezerrt. Andere blockierten inzwischen unsere Haustür. Ich hatte Angst“, gesteht der junge Mann. „Als ich aussteigen wollte, hielt mich jemand an meiner Jacke fest. Er beschuldigte mich, dass ich vorhätte abzuhauen. Das wollte ich doch nicht. Außerdem kannte ich ja den Besitzer des beschädigten Fahrzeugs. Inzwischen kam auch die Polizei. Keine Ahnung, wer die gerufen hat.“
Bevor Amtsrichterin Monika Holk die zahlreich geladenen Zeugen hört, regt der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft ein Rechtsgespräch an. Julian J. schaut verunsichert, als er den Sitzungssaal verlassen muss, wird draußen sofort von seinen Eltern befragt. Die können mit der unerwarteten Unterbrechung des Prozesses auch wenig anfangen. Minuten später erscheint der Verteidiger, winkt seinen Mandanten beiseite, redet leise auf ihn ein. Julian J. nickt erleichtert. Als die Verhandlung fortgesetzt wird, erklärt die Vorsitzende: „Das Verfahren wird wegen geringer Schuld eingestellt. Allerdings muss der Angeklagte binnen sechs Monaten eine Geldbuße von 1000 Euro an den Bundesverband Körperbehinderter zahlen.“ (*Namen geändert.) Hoga
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