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Sport: „Ich greife nochmal an“

1500-m-Läuferin Kathleen Friedrich kehrt in ihre Heimatstadt Potsdam zurück

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1500-m-Läuferin Kathleen Friedrich kehrt in ihre Heimatstadt Potsdam zurück Von Michael Meyer Während sich Deutschlands Spitzen- Leichtathleten derzeit in Kienbaum auf die Weltmeisterschaften in Paris vorbereiten, macht Kathleen Friedrich Urlaub in Potsdam. In Potsdam, wo sie groß und nach anfänglichem Turnen zur Leichtathletin wurde. In Potsdam, wohin sie nun nach acht Jahren in Sachsen und Thüringen zurückkehren wird. „In diesem Jahr lief alles schief, was schief laufen konnte“, fasste die 26-Jährige Mittelstreckenläuferin ihre Saison 2003 zusammen, „mit der ich bei meinen hohen Ansprüchen nicht zufrieden sein konnte“. Zwar wurde sie für den LAC Erdgas Chemnitz – wohin sie zum 1. 1. 1996 gewechselt war – Ende Juni in Fulda zum vierten Mal in Folge Deutsche Meisterin über 1500 m, doch so richtig in Tritt fand sie nicht. Nachdem ihr zu Jahresbeginn eine schwere Grippe zu schaffen gemacht hatte, musste sie wegen Achillessehnenproblemen Mitte April vorzeitig aus dem Höhentrainingslager in Kenia abreisen und eine fünfwöchige Laufpause einlegen. „Das hat meine Saisonvorbereitungen erheblich gestört.“ Auch der Wechsel mitten in der Saison auf die 800 m brachte unter ihrem neuen Trainer Dieter Hermann – zu dem sie Ende 2002 von ihrem langjährigen Coach Bernd Dießner gewechselt war – keinen Erfolg. Kathleen Friedrich sieht sich nicht als Pechvogel, obwohl die Junioren-Vizeweltmeisterin über 800 m von 1996 in ihrer Karriere schon viele Nackenschläge einstecken musste: 1997 keine Freiluftsaison wegen Pfeifferschem Drüsenfieber, 1999 Missgeschick im 1500-m-Vorlauf der U23-EM, 2000 die Olympia-Norm für Sydney fünf Tage zu spät erzielt, 2001 Verletzung im WM-Halbfinale, 2002 das EM-Finale um acht Hundertstelsekunden verpasst. „Ein Pechvogel bin ich trotzdem nicht, denn ich habe das Glück, eine schöne Familie und viele Freunde an meiner Seite zu wissen“, meint die zierliche Tochter des Brandenburger Leichtathletik-Präsidenten Rainer Friedrich, die glaubt, aus Niederlagen gestärkt hervorzugehen. „Und jetzt freue ich mich zurückzukehren.“ In all den Jahren in der Fremde habe sie Dauerheimweh gehabt. „Mein Herz hängt an Potsdam, eine der schönsten Städte, die ich kenne. Das ist halt meine Heimat, selbst der typische Geruch der hiesigen Kieferwälder fehlte mir.“ Zwar sind noch einige Formalitäten zu erledigen, ist Kathleen Friedrich noch auf Wohnungssuche, doch wie das kommende Jahr beim SC Potsdam aussehen soll, weiß sie bereits: „Ich werde das Olympiajahr nochmal mit Volldampf angehen und will mich für Athen qualifizieren, denn ich glaube an mich und greife nochmal an.“ In Angriff nimmt sie ihr Ziel unter den Fittichen von SC-Trainerin Beate Conrad, „mit der ich mich schon über unsere Zusammenarbeit unterhalten habe“. Nach Jahren bei Thomas Schelk, Bernd Dießner und zuletzt Dieter Hermann – von dem sie sich nicht im Bösen trennte – trainiert Friedrich nun erstmals unter einer Frau, „was sicher gut klappt“, wie sie hofft. Conrad betreut auch Antje Möldner, Sechste der diesjährigen Junioren-EM in Tampere; „Deutschlands einzige 1500-Meter-Läuferin, die in diesem Jahr international so weit vorn war. Sie hat sich prima entwickelt“, anerkennt die sieben Jahre ältere Rückkehrerin, die sich 2003 wieder auf die 1500 m als Hauptstrecke konzentrieren will. „Ich bin überzeugt davon, dass ich die 800 m auch unter 2 Minuten laufen kann, will dass aber nur aus dem 1500-Meter-Training heraus schaffen. Die längere Strecke bleibt meine Hausstrecke.“ Auch privat will sich Kathleen Friedrich 2004 neu orientieren. Nachdem die Zeitsoldatin mit dem Dienstgrad Stabsunteroffizier erfuhr, dass sie Ende Oktober die Bundeswehr-Sportfördergruppe verlassen muss, beschloss sie, „mir jetzt hier in Potsdam auch in beruflicher Hinsicht ein Standbein für die Zukunft zu schaffen“. Die Läuferin versucht jetzt, an der Potsdamer Uni im Los-Verfahren noch einen Studienplatz für die neue Studienrichtung „Europäische Medien-Wissenschaften“ zu ergattern. „Wenn mir Fortuna schon nicht auf der Laufbahn geholfen hat, vielleicht hilft sie mir jetzt dabei“, hofft sie. Auch wenn sie jetzt nicht in Kienbaum von Paris träumen darf, freut sich Friedrich auf die Metropole an der Seine; derzeit liest sie einen Stadtführer von Paris. „Am Freitag werde ich als Touristin nach Paris fliegen und dort nach den letzten turbulenten Wochen hier wirklich Urlaub machen“, erzählte sie. Natürlich werde sie den Louvre besuchen, um vor der Mona Lisa zu stehen, und sich auch viele andere Sehenswürdigkeiten ansehen. „Aber ich werde mir natürlich auch die Weltmeisterschaften anschauen. Am Sonntag ist ja gleich Melanie Seeger im Gehen dran. Ich will sie an der Strecke anfeuern und mich mit ihr später zum Kaffeetrinken verabreden.“ Auch bei den 1500-m-Läufen der Frauen am 29. und 31. August will sie möglichst dabei sein. Wenn auch nur als Zuschauerin auf den Rängen.

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