Landeshauptstadt: „Ich habe den Polizisten nur Kasperkopp genannt“
Ruhestörender Lärm als Auslöser eines groß angelegten Polizeieinsatzes / Geständnis nach anfänglichem Leugnen
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Ruhestörender Lärm als Auslöser eines groß angelegten Polizeieinsatzes / Geständnis nach anfänglichem Leugnen Von Gabriele Hohenstein Erregt schildert Thomas G. (29, Name geändert) vor Gericht einen schier unglaublichen Polizeieinsatz. In der Nacht des 19. Februar 2003 hätten sechs Beamte grundlos die Wohnung gestürmt, in der er mit seiner Mutter lebt. Während er von den Uniformierten geschubst, geschlagen und gefesselt worden sei, habe seine Mutter einen Schock erlitten. In seiner Rage habe er einen der Ordnungshüter Kasperkopp genannt, so der Sozialhilfe-Empfänger. „Die Polizei kam, weil Sie lautstark Heil Hitler gerufen haben sollen“, hilft der Staatsanwalt dem Gedächtnis des Angeklagten auf die Sprünge. Der bestreitet derartige Äußerungen. „Dann haben Sie den Beamten wohl auch nicht gedroht, sie schneller zu töten als sie gucken können?“, hakt der Anklagevertreter nach. „Ich habe nichts gemacht“, beharrt der Potsdamer auf seiner Meinung. Seine Nachbarin habe der Polizei – wie schon mehrfach – Märchen erzählt, um ihm eins auszuwischen. „Seit die ins Haus gezogen ist, haben wir ständig Stress miteinander. Die macht von früh bis spät Party, und ihre Katze pinkelt auf meinen Fußabtreter.“ „Wir wurden wegen ruhestörenden Lärms alarmiert“, erinnert sich Thea J. (25) von der Landeseinsatzeinheit der Polizei (LESE) im Zeugenstand. Als die Wohnungstür endlich geöffnet wurde, habe sich der Angeklagte äußerst aggressiv gebärdet. „Er ist mit erhobenen Armen auf mich zugerannt und hat mich als bolschewistische Mistsau bezeichnet. Umbringen wollte er mich auch.“ „Selbstverständlich haben wir uns als Polizei zu erkennen gegeben, als wir an der Tür klopften“, erzählt Kathrin D. (20). Während sie und Thea sich um die aufgelöste Mutter des Angeklagten kümmerten, gar ärztliche Hilfe anforderten, hätten die Kollegen dem Mann ruhig den Grund ihres Hierseins erklärt. „Alles Lüge“, kommentiert Thomas G. „Die sind wie eine Horde Unzivilisierter durch die Wohnung getobt und haben mit ihren dreckigen Botten den Teppich versaut. Mein Zimmer haben sie so verlassen, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte.“ Zum Beweis dessen zieht der Arbeitslose einen Packen Polaroid-Fotos aus der Tasche, auf denen er die vermeintlichen Spuren des Einsatzes dokumentierte. Nach einer Pause dann die überraschende Wende. Rechtsanwalt Dr. Volkmar Schöneburg erklärt: „Mein Mandant räumt eine kleine Rangelei mit den Beamten ein. Er schließt auch nicht aus, dass es in der Erregung zu den bewussten Äußerungen gekommen sein könnte.“ Immerhin erspart das späte Geständnis den anderen Polizeizeugen die Aussage. Thomas G. wird wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und versuchter Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je fünf Euro verurteilt.
Gabriele Hohenstein
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