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Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich habe nichts gehört! “

Unfallflucht: Seniorin muss 600 Euro zahlen

Stand:

In knapp sieben Lebensjahrzehnten ließ sich Magda M.* nichts zuschulden kommen. Die Arbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht kannte die Seniorin nur aus dem Fernsehen. Als sie in ihrem Briefkasten einen Strafbefehl über 150 Euro wegen Unfallflucht fand – unterschrieben von einem echten Juristen – war Magda M. geschockt. Auf einmal sollte sie eine Straftäterin sein? Ihr wurde vorgeworfen, am 26. Juli vorigen Jahres mit ihrem Honda Am Kahleberg beim unachtsamen Einparken einen Renault touchiert zu haben. Und sie soll den Crash bemerkt, aber dennoch Gas gegeben haben. Der Fremdschaden betrug laut Gutachten 1100 Euro. Magda M. – sportbegeistert und seit 36 Jahren im Besitz des Führerscheins – war sich keiner Schuld bewusst. Sie legte umgehend Einspruch gegen den Strafbefehl ein. So kam es zur mündlichen Verhandlung.

Die ging der älteren Dame sichtlich nahe. Schluchzend berichtete sie, von dem vermeintlichen Unfall weder etwas gehört noch gesehen zu haben. „Dann sollten Sie vielleicht nicht mehr Auto fahren“, gab Amtsrichterin Kerstin Nitsche zu bedenken. „Wenn ich mir die Fotos von dem Schaden angucke, erscheint mir Ihre Aussage kaum nachvollziehbar.“

„Ich wollte rückwärts einparken. DieLücke war ziemlich eng. Deshalb musste ich rangieren“, erinnerte sich die Angeklagte leise. Schließlich habe sie das Manöver abgebrochen und ihr Fahrzeug in der Parallelstraße abgestellt. „Später entdeckte ich eine kleine Schramme an meinem Auto. Ich dachte, die hätte ich mir an unserem Carport auf dem Gartengrundstück geholt.“

Markus M.* (43) war zufällig Augenzeuge des Vorfalls. „Ich war auch auf der Suche nach einer Parklücke. Da sah ich, wie die Honda-Fahrerin in einem ziemlich spitzen Winkel zum linken Nachbarfahrzeug stand. Ich wusste zwar nicht, ob sie raus- oder rein wollte. Auf alle Fälle dachte ich mir, das wird wohl nix“, so der Informatiker. „Plötzlich fuhr sie an mir vorbei. Sie wirkte total erschrocken.“ Vorsichtshalber habe er sich zum Ort des Geschehens begeben, die Delle am Kotflügel des Renault gesehen und die Polizei angerufen. „Det war ’ne ordentlich schöne Beule “, versicherte Renault-Besitzer Berthold B.* (60) im Zeugenstand. Der Wachschutzmitarbeiter fiel aus allen Wolken, als er über den Vorfall informiert wurde. „Die Versicherung hat den Schaden inzwischen beglichen“, erzählte er. Die Vorsitzende dachte laut darüber nach, das Verfahren einzustellen – allerdings gegen eine spürbare Geldauflage. „Bei einer Verurteilung stände auch ein dreimonatiges Fahrverbot im Raum“, gab sie zu bedenken. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmte zu. Magda M. plumpste ein Stein vom Herzen. Erleichtert versprach sie, die 600 Euro fristgemäß zu zahlen. (*Namen geändert.) gh

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