Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich habe nur den Tabak gestohlen!“
Eigentlich hätte Wladimir W.* (35) gestern und heute auf der Anklagebank sitzen müssen.
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Eigentlich hätte Wladimir W.* (35) gestern und heute auf der Anklagebank sitzen müssen. Doch Amtsrichterin Kerstin Devriel verhandelt beide Straftaten in einem Abwasch. Das kommt dem am Schlaatz lebenden Ukrainer entgegen. Es geht es um Diebstahl. Den ersten bestreitet der Arbeitslose, den zweiten gibt er unumwunden zu.
Am 24. September vorigen Jahres soll Wladimir W. mit einem Komplizen aus einem Geschäft in der Brandenburger Straße ein Handy entwendet haben. „Das war ich nicht“, beteuert der vorbestrafte Langfinger, gibt dann den Namen des bis dahin unbekannten Kumpels preis. „Ich war mit Sergej S. in dem Laden und habe mir die Auslagen angeschaut. Auf einmal hörte ich ein Geräusch hinter mir. Ich drehte mich um. Da war Sergej schon am Ausgang“, so der Angeklagte. Die Verkäuferin habe erklärt, ihr sei das Handy abhanden gekommen. Sie weinte und sagte, das ist ein Diensthandy, auf dem viele wichtige Nummern gespeichert sind.“ Während sein Kumpel flüchtete, habe er der Frau seine Taschen gezeigt und sich erboten, das Telefon zurückzubringen. In 300 Metern Entfernung habe er Sergej S. mit dem Handy stehen sehen. „Er meinte, das ist ein ganz altes Ding, das werfen wir weg. Ich schlug ihm vor, es zurückzugeben. Aber er weigerte sich. Er dachte, die Verkäuferin ruft dann die Polizei“, erzählt Wladimir W. „Da habe ich es ihr gebracht.“
Bei der Wahllichtbildvorlage der Polizei erkannte die junge Frau lediglich den Angeklagten wieder. „Das macht Sinn. Schließlich hat sie ihn ja auch länger gesehen“, gibt die Vorsitzende zu bedenken. Sie regt an, das Verfahren im Hinblick auf die Sanktion, die Wladimir W. wegen der zweiten Straftat zu erwarten hat, einzustellen. Und die ist geharnischt. 600 Euro muss der Hartz IV-Empfänger zahlen, weil er am 28. Juli 2007 bei Rewe ein Päckchen Tabak im Wert von sieben Euro vor der Kasse in seine Jacke steckte.
„Der Monat war fast zu Ende, mein Geld alle“, schildert der Ukrainer seine Motivation. „Ich habe den Tabak hinterher aber bezahlt.“ „Das nützt nichts, zumal Sie bei dieser Tat noch unter Bewährung standen“, rügt die Richterin. „Eigentlich haben Sie sich mittlerweile eine Freiheitsstrafe erarbeitet. Nur, weil der Wert des Diebesgutes so gering war, kommen Sie heute letztmalig mit einer Geldstrafe davon.“ Wladimir W. schluckt, fragt dann treuherzig: „Besteht die Möglichkeit, die Strafe nicht ganz so teuer zu machen?“ Schließlich habe er monatlich 75 Euro aus zwei vorhergehenden Verurteilungen zu begleichen. Beim Gericht beißt er damit auf Granit. „Sie können Ratenzahlung beantragen. Sie können die Strafe aber auch abarbeiten“, so die Vorsitzende. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. (*Namen geändert.) Hoga
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