zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich hatte den ganzen Tag getrunken“ Beschleunigte Verfahren für Promillesünder

„Ich will heiraten“: Diesen Satz krakelte Michael M.* (52) als Schriftprobe vor der obligatorischen Blutentnahme des Arztes.

Stand:

„Ich will heiraten“: Diesen Satz krakelte Michael M.* (52) als Schriftprobe vor der obligatorischen Blutentnahme des Arztes. Kurz zuvor war der Pharmareferent am Nachmittag des 3. Juli auf der Autobahn mit 2,18 Promille von der Polizei aus dem Verkehr gezogen worden. Jetzt muss er sich im beschleunigten Verfahren wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr vor dem Amtsgericht verantworten. Als moralische Rückenstütze sitzt seine frisch angetraute Ehefrau im Zuschauerrraum. Ursache der Alkoholorgie war schließlich der Abschied vom Junggesellendasein des Potsdamers.

„Was der Staatsanwalt vorgelesen hat stimmt“, redet Michael M. nicht lange um den heißen Brei herum. „Ich habe in Beelitz die ganze Nacht mit Freunden gefeiert, Bier und Schnaps getrunken. Gegen Morgen habe ich mich kurz hingelegt. Danach bin ich ins Auto gestiegen, um zu meinen Eltern nach Berlin zu fahren. „Unterwegs habe ich gemerkt, dass es eigentlich nicht mehr ging.“ Den Autobahnpolizisten fiel der unsichere Kandidat hinter dem Steuer schnell auf. Es gelang den Beamten, den Schluckspecht zu stoppen, ihn und andere Verkehrsteilnehmer vor möglichem Unheil zu bewahren.

Im Jahr 2008 wurde Michael M. schon einmal wegen Alkohols am Steuer zu einer Geldstrafe verurteilt. Zur Warnung gereichte ihm das nicht. Nun will er keinen Tropfen mehr trinken, hat sich sogar zu einer Therapie durchgerungen, versichert der Mann vor Gericht. „Schließlich bin ich in meinem Beruf auf die Fahrerlaubnis angewiesen.“ Doch bis er das ersehnte Dokument wieder in den Händen hält, wird einige Zeit vergehen. Michael M. wird zu einer Geldstrafe von 800 Euro verurteilt. Die Fahrerlaubnis wird ihm entzogen, der Führerschein einkassiert. Vor Ablauf von weiteren sechs Monaten darf ihm die Behörde keine neue Fahrerlaubnis erteilen. Davor dürfte die medizinisch-psychologische Untersuchung, der sogenannte Idiotentest, stehen. „Ich bezweifelte, dass Sie die Fahrerlaubnis schon in einem halben Jahr wieder haben“, meint die Richterin.

Mit knapp drei Promille toppt Henner H.* (48) den Pegel seines Vorgängers auf der Anklagebank bei Weitem. In der Nacht des 14. August rammte er im Rotkehlchenweg mit seinem Opel Corsa einen Straßenbaum. Noch fünf Stunden nach dem Crash wies die Blutprobe des Potsdamers einen Wert von 2,41 Promille auf. „Ich hatte den ganzen Tag getrunken. Irgendwann fiel mir ein, dass ich nach Holland zur Arbeit muss“, erzählt der angeklagte Alkoholsünder. „Mir war gar nicht bewusst, wieviel ich intus hatte.“ Mit dem Kleinwagen seiner Nichte habe er sich gegen 2 Uhr auf die Piste begeben, sei allerdings nicht weit gekommen. „Der Baum, gegen den Sie gekracht sind, hätte durchaus auch ein Fußgänger sein können“, so die Richterin. Henner H. nickt schuldbewusst. „Ich hatte nur noch den Gedanken, arbeiten zu fahren. Aus heutiger Sicht war es das nicht wert“, räumt der Mann ein. Die Fahrerlaubnis wurde Henner H. noch in der Nacht des Unfalls entzogen. Seinen Job im Nachbarland ist er los. „Ich werde jetzt erst mal eine Entgiftung machen. So geht es nicht weiter“, erkennt der Angeklagte, der laut eigenem Bekunden regelmäßig dem Hochprozentigen zuspricht.

Als Ersttäter kommt der Arbeitslose wegen vorsätzlicher Trunkenheit am Steuer mit einer Strafe von 400 Euro davon. Auch er muss zum „Idiotentest“. Eine neue Fahrerlaubnis bekommt er frühestens in acht Monaten. (*Namen geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })