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Sport: „Ich schaffe es nach London“
Potsdams Kanute Tim Wieskötter kämpft nach einem erfolglosen Jahr 2011 um das Olympia-Ticket
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Tim Wieskötter will es noch einmal wissen. Nachdem sich der Rennkanute des KC Potsdam im OSC im vergangenen Jahr erstmals seit 1999 keinen Platz in der Nationalflotte des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) erpaddeln konnte, setzt er alles daran, dies in diesem Jahr noch einmal zu schaffen und so im August seine vierten Olympischen Spiele zu erleben. „Ich will in London starten und dort wieder erfolgreich sein“, sagt der 32-Jährige, der mit seinem Klubkollegen Ronald Rauhe im Zweierkajak über 500 Meter 2000 in Sydney Olympia-Bronze gewann, 2004 in Athen Olympiasieger wurde und 2008 in Peking Olympia-Silber holte. Nachdem der Kanu-Weltverband ICF 2009 vom Internationalen Olympischen Komitee die 500 zugunsten der 200 Meter aus dem Olympia-Programm streichen ließ, ging das einstige Erfolgs-Duo getrennte sportliche Wege. Rauhe orientiert sich ganz auf den Sprint, während sich sein bisheriger Bootspartner auf den olympischen 1000-Meter-Viererkajak konzentriert.
Mit dem wurde Tim Wieskötter 2009 WM-Neunter und 2010 Europameister sowie WM-Vierter, ehe ihm das Jahr 2011 den bisherigen sportlichen Tiefpunkt bescherte. Bei der ersten nationalen Sichtung für die Saison bremste ihn eine Schleimbeutel-Entzündung in der rechten Schulter aus, bei der zweiten und entscheidenden Regatta musste er im Einerkajak über 1000 Meter nach Vor- und Zwischenlauf krankheitsbedingt passen. „Das war ein richtiger Break, mit dem ich natürlich erst einmal fertig werden musste, denn der Frust saß tief“, erinnert sich Wieskötter, der aber nicht klein beigab. „Wichtig war, sich an alte Erfolge zu erinnern und daraus die Motivation zu ziehen, jetzt voll durchzuziehen“, so der Potsdamer. „Ich bin voll davon überzeugt, die für Olympia nötigen Leistungen körperlich leisten zu können. Ich schaffe es nach London.“
Anders als die Kanuten, die es 2011 aufs WM-Podest geschafft hatten, muss Tim Wieskötter bei den diesjährigen Qualifikationsrennen in Duisburg besonders gut sein, um das London-Ticket zu ergattern. Sogar besser als Norman Bröckl (Berlin), Max Hoff (Essen), Paul Mittelstedt (Neubrandenburg) und/oder Robert Gleinert (Berlin), die im vergangenen Jahr in Szeged Weltmeister im K4 wurden. „Sechs, sieben Mann kämpfen um den London-Vierer, das wird noch eine heiße Nummer“, weiß er. Für ihn selbst gäbe jetzt nicht mehr die gleiche Sicherheit wie früher, sagt der Olympiasieger und siebenfache Weltmeister. „Jetzt muss ich mindestens hundert Prozent abliefern, um überhaupt weiter eine Chance zu haben. Das ist ein großer Druck, aber als erfahrener Sportler weiß ich damit umzugehen und diesen Druck in Leistung umzumünzen. Ich weiß: Wenn ich bis zur Qualifikation gut durch das Training komme, werde ich vorn mit dabei sein.“
Seit Anfang Februar schwitzt Tim Wieskötter gemeinsam mit den anderen Vierer-Kandidaten für sein Ziel London im Potsdamer Trainingscenter Stuart im US-Bundesstaat Florida. „Mir geht es prima. Ich bin gesund und in einem guten Trainingszustand“, berichtet er aus dem DKV-Trainingslager. „Wir fahren hier sehr hohe Umfänge im Grundlagenausdauerbereich, lassen aber auch schon höhere Belastungen mit einfließen. Vom Umfang her landen wir bei rund 27 reinen Trainingsstunden pro Woche.“ Das Wetter sei noch ein wenig regnerisch, aber dank 20 Grad ließe sich das aushalten. Bei den Trainingsfahrten auf dem St. Lucie River seien er und die anderen Paddler bereits mehrmals Alligatoren begegnet. „Gerade wenn sie nicht weit vom Boot entfernt sind und dann abtauchen, hat man schon ein mulmiges Gefühl. Aber da wir ja schon des Öfteren hier waren, macht man sich da nicht wirklich verrückt“, sagt Wieskötter zu solchen Situationen.
Da hat es seine Freundin besser. Nicole Reinhard vom WSV Lampertheim, die bei ihm in Potsdam lebt und im Luftschiffhafen trainiert, ist mit der Frauen-Auswahl des DKV gerade im anderthalb Autostunden von Stuart entfernten Übungscamp in Melbourne/Florida. „Statt Alligatoren sieht man dort Delphine“, weiß Tim Wieskötter, der seine Nicole Mitte dieser Woche per Mietauto einmal besuchte. „Wir waren gemeinsam am Strand und sind dann lecker Steaks essen gegangen“, berichtet er vom dreistündigen Beisammensein. Nicole Reinhardt, die seit 2005 Olympiasiegerin und achtfache Weltmeisterin wurde – ihre letzten Titel holte sie 2011 in Szeged im 500-Meter-Einerkajak und mit der Staffel –, unterstützt ihren Freund bei dessen Comeback-Versuch mit ganzer Kraft. „Wir haben unsere Trainings- und Ernährungsmethoden verändert und sind ein echt gutes Gespann“, sagt Tim Wieskötter, der eine Woche länger als die am 24. Februar heimfliegende K4-Konkurrenz in Stuart trainieren wird. Und der erklärt: „Wie es nach London weitergeht, weiß ich noch nicht. Aber wenn es dort sehr gut läuft, könnte ich mir schon vorstellen, noch weiter zu machen.“ Der Potsdamer will es halt noch einmal richtig wissen.
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