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Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich stand neben mir!“

Anklage: Drogenhandel, Raub / Urteil am 25. März

Stand:

Zwei Justizbeamte führen Muratbek M.* (23) in Handfesseln in den Verhandlungssaal. Eigentlich wohnt der Kirgise bei seinen Eltern in Potsdam. Momentan sitzt der wegen räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, zahlreicher Diebstähle, Beleidigungen sowie versuchten Betruges Vorbestrafte allerdings wegen einer erneuten Gewalttat im Gefängnis. Jetzt wirft ihm die Staatsanwaltschaft Drogenhandel, schweren Raub und gefährliche Körperverletzung vor, begangen am 22. und 23. Mai 2006 in einer Wohnung Am Schlaatz. Muratbek M. schweigt zu Prozessbeginn zu den Vorwürfen, stellt sich später als eigentliches Opfer dar, dem grundlos Pfefferspray in die Augen gesprüht wurde.

Wohnungsinhaber Timo T.* (23) schildert die Sache so: Er habe damals noch häufig Drogen konsumiert, am 22. Mai im Beisein seines Bekannten Jewgenij* von Muratbek M. ein Gramm Marihuana für sieben Euro erworben, das Rauschgift mit einem 100-Euro-Schein bezahlen wollen. „Ich musste eine Ewigkeit durch die Gegend laufen, bis mir den jemand wechseln konnte“, erinnert sich der Fremdsprachenassistent im Zeugenstand.

Am nächsten Tag sei Jewgenij, dessen Nachnamen er nicht kenne, mit dem er aber des öfteren gekifft habe, erneut bei ihm zu Besuch gewesen, so Timo T. Als dieser gehen wollte, seien zwei maskierte, mit Messern bewaffnete Personen in seine Wohnung gestürmt. Sie hätten gedroht, ihn abzustechen, falls er nicht tun würde, was sie sagen. Während er versucht habe, einen der Angreifer abzuwehren, ihm später die Sturmhaube herunterzog und Muratbek M. erkannte, hätten zwei ebenfalls in seiner Wohnung befindliche Bekannte den zweiten Eindringling, der das Wohnzimmer durchsuchte, überwältigt. „Ich rangelte im Flur mit dem Angeklagten und ging zu Boden. Später hatte ich eine Wunde an der Stirn“, berichtet Timo T. Ob sie von dem mitgeführten Küchenmesser des Kirgisen oder von dem Sturz stammte, vermag der junge Mann nicht zu sagen. Als der Angeklagte das Zimmer dann ebenfalls betrat, habe ihn einer seiner Freunde mit dem K.o.-Spray außer Gefecht gesetzt. Später sei es Muratbek M. gelungen, über den Balkon der Erdgeschosswohnung zu flüchten. Sein bislang unbekannt gebliebener Mittäter suchte durch die Eingangstür das Weite. „Keine Ahnung, was die bei mir gewollt haben. Ich vermute allerdings, dass sie scharf auf Geld waren, weil ich am Vortag den 100-Euro-Schein hatte“, glaubt das Überfallopfer und argwöhnt, dass Jewgenij hinter der Sache stecken könnte.

„Ich habe nicht mit Tino T. gekämpft. Das war der andere. Ich hatte an diesem Tag Alkohol und Drogen intus und stand völlig neben mir“, behauptet der Angeklagte nun. Er wird allerdings von der damaligen Freundin des Timo T. belastet, die zufällig am Ort des Geschehens eintraf und sah, wie ihr Partner von Muratbek von hinten umklammert und zu Boden gerissen wurde. Die Verhandlung wird am 25. März mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt. Dann soll auch das Urteil gesprochen werden. (*Namen geändert.) Hoga

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