Landeshauptstadt: „Ich traue mich abends nicht mehr raus“
Polizeipräsident Klaus Kandt stand am Schlaatz Rede und Antwort
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Am Schlaatz - Die Potsdamer können sich in ihrer Stadt im Großen und Ganzen sicher fühlen. Die „Alltagskriminalität“ sei nicht höher als in vergleichbaren Städten, sagte Polizeipräsident Klaus Kandt Dienstagabend im Bürgerhaus Am Schlaatz. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hatte zu dieser Veranstaltung, die der Vorsitzende des Innenausschusses des Landtages Hans-Jürgen Scharfenberg (Die Linke) moderierte, eingeladen.
„Meine Befindlichkeit ist anders als Ihre Feststellung“, bemerkt eine ältere Dame und fügt hinzu: „Abends traue ich mich nicht mehr raus.“ Es dauere viel zu lange, bis die Polizei vor Ort sei, bemerkt sie „und dann kommt sie noch mit Tatütata, so dass die Täter gewarnt werden und zu Fuß flüchten können.“
Das subjektive Empfinden weiche oft von der realen Lage ab, sagt Kandt. Wer sich nachts nicht auf die Straße traue, müsse sich fragen, wovor er Angst habe. „Opfer einer Straftat können Sie überall und zu jeder Tageszeit werden, sogar in Ihrer Wohnung oder beim Einkaufen“, so der Polizeipräsident.
Der junge Revierpolizist Thomas Kraft, der seit Mai 2007 am Schlaatz tätig ist, hält die Angst älterer Menschen ebenfalls für schwer nachvollziehbar. Kraft hat nach eigenem Bekunden den Kontakt mit allen relevanten Gruppen, Trägern und Wohnungsunternehmen, um die reale Sicherheit und das Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Die Situation sei nicht brisant. In der Tat sind die Probleme, welche die Bewohner am Schlaatz sehen, eher geringfügiger Natur. Es geht zum Beispiel um die Zunahme der Graffiti und die empfundene Untätigkeit von Polizei und Ordnungsbehörde. Ferner nehmen viele daran Anstoß, dass sich an der Rewe-Kaufhalle regelmäßig Männer versammeln, Alkohol trinken und die Umgebung verunreinigen. Letzteres Problem sehen die Ordnungshüter eher locker. „Alkohol trinken in der Öffentlichkeit ist leider in Deutschland nicht verboten“, sagt der Polizeipräsident. Der Schutzpolizist ist nach eigener Aussage mit der Gruppe in Kontakt und findet, dass diese selbst für Ordnung sorgen. Und Scharfenberg meint: „Das ist eine Form des sozialen Kontaktes, den die Leute in der Gruppe suchen.“
Scharfenberg als Moderator zielte mit seinen Fragen auf größere Probleme im Land: auf den Abbau der Polizeistärke von 3400 auf 3150 Beamten und auf das Vorgehen gegen Rechtsradikale und den Wegfall der Kontrollen an der Grenze zu Polen. Der Abbau der Mannschaftsstärke sei eine Angelegenheit der Politik, konterte Kandt, seine Aufgabe sei es, die Polizeiarbeit mit den verfügbaren Kräften zu organisieren. Was den Rechtsradikalismus betreffe, komme es nicht allein auf die Polizeiarbeit, sondern auf alle Bürger an, „denn die Rechtsradikalen leben unter uns“. Er habe den Eindruck, dass Potsdam in dieser Hinsicht „gut aufgestellt“ sei. Die Situation an der polnischen Grenze sehe er nicht problematisch. Die Lage habe sich in den letzten Jahren verändert, denn das Armutsgefälle zwischen dem Nachbarland und Deutschland bestehe nicht mehr in dem Maße. Die Anzahl der Straftaten im Grenzgebiet sei geringer geworden.
Insgesamt vermittelte Klaus Kandt bei den versammelten Schlaatzern das Gefühl, dass die Polizeiarbeit bei ihm und seinen Kollegen in professionellen Händen ist – jedenfalls ließ sich das aus dem reichlichen Schluss-Beifall ablesen.
Günter Schenke
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